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Geschichte des Freiburger Instituts für Ethnologie

             
Stefan Seitz

50 Jahre Institut für Ethnologie
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg


(https://www.ethno.uni-freiburg.de/ethnofr/geschichte)
 
Einleitung
Einrichtung des Lehrstuhls
Zur frühen Geschichte der Ethnologie in Freiburg
Die Ausrichtung und Zuordnung des Faches nach der Institutsgründung 1965
Rolf Herzog: Aufbau und Konsolidierung des Instituts von 1965 bis 1987
Die personelle Erweiterung des Instituts unter Rolf Herzog: apl. Professoren, zweite Professur und Gastprofessuren
Ulrich Köhler: Amerikanistik als neuer regionaler Schwerpunkt 1987-2002
Die personelle Erweiterung des Instituts unter Ulrich Köhler: Habilitationen, apl. Professoren und Gastprofessoren
Judith Schlehe: Theoriengeleitete, methodengebundene Indonesienforschung seit 2002
Institut und Museum in gemeinsamer Lehre und Praxis
Schluss
Literatur
Kurzfassung Geschichte des Instituts
Wissenschaftliches Profil
Entwicklung der Lehre
Ausblick auf zukünftige Entwicklung

 

Einleitung

 

Ein Rückblick auf 50 Jahre Lehre und Forschung am Institut für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bietet zugleich ein Bild des Wandels im Fachverständnis und des Wechsels der Forschungsschwerpunkte über ein halbes Jahrhundert. Zu Beginn der 1960er Jahre, zur Zeit, in der das Institut gegründet wurde, erfolgte eine Neuorientierung in der Ethnologie in Deutschland. Mit dem damals gerade eingetretenen Generationenwechsel an den bereits bestehenden Instituten und mit der Besetzung neu gegründeter Lehrstühle ergab sich eine Zäsur. Die Zeit dominanter Schulen und generalisierter Lehrmeinungen war zu Ende. Viel stärker wurden individuelle Forschungsinteressen und methodische Vorgehensweisen von den einzelnen, die Institute tragenden Persönlichkeiten bestimmt.

Die Neuorientierung begann sich damals in unterschiedliche Richtungen auszudifferenzieren, durchaus noch kulturhistorisch, aber doch stärker praxisbezogen und sozialwissenschaftlich ausgerichtet, wobei letztere Orientierung dann in den folgenden Jahrzehnten verbunden mit einer gesellschaftskritischeren Einstellung des Faches an Bedeutung gewann. Zugleich begann man nun sich verstärkt mit Ansätzen aus dem anglophonen Sprachraum auseinanderzusetzen, nachdem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Rezeption von im deutschen Sprachraum vertretenen Lehrrichtungen vorherrschte.

In den 1960er und 1970er Jahren, zur Zeit der Institutsgründung und in den Jahren danach, war in unserer Disziplin der kulturelle Wandel in den Ländern der "Dritten Welt" während der Entkolonialisierungsphase dominantes Thema. In der empirischen Forschung war man damals noch häufig auf eine ethnisch abgegrenzte Kleingruppe, auf "sein Volk", fokussiert und forschte eher individuell.

Später verschwanden solche engen Abgrenzungen, die Globalisierung beherrschte zunehmend die ethnologische Forschung, die interkulturelle Kommunikation wurde thematisiert, man suchte in emischer Sichtweise die "fremden" Kulturen zu erfahren. Die Forschung wurde über ethnische und nationale Grenzen hinweg auf transnationale Studien und Migrationsforschung ausgeweitet, aber eben auch auf die Wahrnehmung globaler Einflüsse auf lokale Gegebenheiten, auf eine stärkere Reflexion von Eigenem und Fremden, verbunden mit der Diskussion um kulturelle Identitäten. Der Blick auf indigene ethnische Minoritäten blieb bestehen, stand jedoch nicht mehr im Vordergrund. Zwangsläufig erforderte dies eine Abkehr von der individuellen Forschermentalität und eine Stärkung der kooperativen, interdisziplinären Ausrichtung, eine nachhaltige Vernetzung von Personen und Institutionen. Diese Entwicklung des Faches lässt sich in Forschung und Lehre am Freiburger Institut über die fünf Jahrzehnte sehr gut nachvollziehen.

 

Die Einrichtung des Lehrstuhls und Gründung des Instituts

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Ein Rückblick auf 50 Jahre Lehre und Forschung am Institut für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bietet zugleich ein Bild des Wandels im Fachverständnis und des Wechsels der Forschungsschwerpunkte über ein halbes Jahrhundert. Zu Beginn der 1960er Jahre, zur Zeit, in der das Institut gegründet wurde, erfolgte eine Neuorientierung in der Ethnologie in Deutschland. Mit dem damals gerade eingetretenen Generationenwechsel an den bereits bestehenden Instituten und mit der Besetzung neu gegründeter Lehrstühle ergab sich eine Zäsur. Die Zeit dominanter Schulen und generalisierter Lehrmeinungen war zu Ende. Viel stärker wurden individuelle Forschungsinteressen und methodische Vorgehensweisen von den einzelnen, die Institute tragenden Persönlichkeiten bestimmt.

Die Neuorientierung begann sich damals in unterschiedliche Richtungen auszudifferenzieren, durchaus noch kulturhistorisch, aber doch stärker praxisbezogen und sozialwissenschaftlich ausgerichtet, wobei letztere Orientierung dann in den folgenden Jahrzehnten verbunden mit einer gesellschaftskritischeren Einstellung des Faches an Bedeutung gewann. Zugleich begann man nun sich verstärkt mit Ansätzen aus dem anglophonen Sprachraum auseinanderzusetzen, nachdem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Rezeption von im deutschen Sprachraum vertretenen Lehrrichtungen vorherrschte.

In den 1960er und 1970er Jahren, zur Zeit der Institutsgründung und in den Jahren danach, war in unserer Disziplin der kulturelle Wandel in den Ländern der "Dritten Welt" während der Entkolonialisierungsphase dominantes Thema. In der empirischen Forschung war man damals noch häufig auf eine ethnisch abgegrenzte Kleingruppe, auf "sein Volk", fokussiert und forschte eher individuell.

Später verschwanden solche engen Abgrenzungen, die Globalisierung beherrschte zunehmend die ethnologische Forschung, die interkulturelle Kommunikation wurde thematisiert, man suchte in emischer Sichtweise die "fremden" Kulturen zu erfahren. Die Forschung wurde über ethnische und nationale Grenzen hinweg auf transnationale Studien und Migrationsforschung ausgeweitet, aber eben auch auf die Wahrnehmung globaler Einflüsse auf lokale Gegebenheiten, auf eine stärkere Reflexion von Eigenem und Fremden, verbunden mit der Diskussion um kulturelle Identitäten. Der Blick auf indigene ethnische Minoritäten blieb bestehen, stand jedoch nicht mehr im Vordergrund. Zwangsläufig erforderte dies eine Abkehr von der individuellen Forschermentalität und eine Stärkung der kooperativen, interdisziplinären Ausrichtung, eine nachhaltige Vernetzung von Personen und Institutionen. Diese Entwicklung des Faches lässt sich in Forschung und Lehre am Freiburger InstiAm 7. Januar 1965 nahm Rolf Herzog seine Lehrtätigkeit in Freiburg auf. Damit wurde das Institut für Völkerkunde, das heutige Institut für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität, begründet. Rolf Herzog wurde im Sommer 1964 auf den neuen Lehrstuhl berufen, der im Rahmen einer in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre eingeleiteten Bildungsexpansion, die auch die kleineren Fächer berücksichtigte, eingerichtet worden war. Die baden-württembergische Landesregierung hatte 1956/57 eine Schwerpunktbildung angeregt, Anlass für die Philosophische Fakultät der Freiburger Universität, eine Entwicklungskommission einzurichten. Im Sitzungsprotokoll der Fakultät vom 2. März 1957 wurde erstmalig das Fach "Völkerkunde" erwähnt und in der Sitzung am 9. Januar 1959 im Entwicklungsplan der Fakultät ein "Extraordinariat für Völkerkunde (mit Vorstufe durch Lehraufträge und Diätendozentur)" aufgeführt.

Maßgeblichen Anteil an dieser Initiative hatte der seit 1954 an der Freiburger Universität lehrende Politikwissenschaftler Arnold Bergstraesser (1896-1964), der auch bei der etwa zeitgleich erfolgten Gründung des Instituts für Soziologie (s. Bröckling u. a. 2014:15-17) entscheidend mitgewirkt hatte. Sein persönliches Interesse galt dem soziopolitischen und ökonomischen Wandel in den Ländern der sogenannten "Dritten Welt". Er hatte 1959 eine "Forschungsgruppe Entwicklungsländer" etabliert, aus der später das Arnold-Bergstraesser-Institut hervorging.

Arnold Bergstraesser beantragte in der Fakultät am 19. Juli 1960 die Einrichtung einer Kommission, die die Habilitation im Fach "Ethnologie" (es wurde nicht, wie ansonsten durchgängig, der Begriff "Völkerkunde" gebraucht) und die Einrichtung einer Diätendozentur für Ethnologie beraten sollte. In der Sitzung vom 5. November 1960 nannte Arnold Bergstraesser seinen Mitarbeiter Rüdiger Schott, den er für die Ethnologie gewinnen wollte. Sehr bald danach findet sich im Bericht der Entwicklungskommission, der in der Fakultätssitzung am 28. Januar 1961 vorgelegt wurde, eine Professur für Völkerkunde, gereiht auf Platz 11 von 16 Plätzen.

Doch erst fast drei Jahre später, am 29. November 1963, wurde im Fakultätsrat der Antrag auf Kommissionsbildung zur Besetzung des neuen Lehrstuhls für Völkerkunde gestellt. Drei Monate danach starb Arnold Bergstraesser unerwartet am 24. Februar 1964. Am 11. Juli 1964 legte die Kommission der Fakultät den Berufungsvorschlag vor. Begutachtet wurden vier Kandidaten, Rolf Herzog und Rüdiger Schott als Afrikanisten, Günter Zimmermann als Amerikanist und Walter Dostal als Spezialist für den Vorderen Orient. Vorgelegt wurde eine Dreierliste mit Rolf Herzog auf dem ersten Platz. Er konnte eine langjährige Felderfahrung nachweisen. Noch im Jahr des Amtsantritts von Rolf Herzog 1965 erhielt Rüdiger Schott einen Ruf auf den neu eingerichteten Lehrstuhl in Münster und Walter Dostal auf den neuen Lehrstuhl in Bern. Günter Zimmermann hatte die Professur an der Arbeitsstelle für Altamerikanische Sprachen und Kulturen am Seminar für Völkerkunde in Hamburg inne.

Die Gründung des Instituts fällt somit in eine Zeit, in der die wissenschaftliche Beschäftigung mit den sogenannten "Entwicklungsländern" hochaktuell und auch politisch gewünscht war. Um 1960 erfolgte die Entkolonialisierung vieler afrikanischer Länder. Mit ihrer Unabhängigkeit rückte Afrika stärker in den Fokus des Interesses und damit damals auch in den unserer Disziplin, die in Deutschland eine alte Afrika-Forschungstradition kannte.tut über die fünf Jahrzehnte sehr gut nachvollziehen.

 

Zur frühen Geschichte der Ethnologie in Freiburg: Ernst Grosse und Theodor Koch-Grünberg, zwei renommierte Fachvertreter

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Ein Institut für Völkerkunde resp. Ethnologie hatte es vor dem Amtsantritt von Rolf Herzog nicht gegeben, wohl aber war die Fachrichtung selbst schon früher einmal an der Albert-Ludwigs-Universität für fast vier Jahrzehnte von 1889 bis 1927 im Verbund mit anderen Disziplinen durch zwei sehr bekannte Ethnologen vertreten, durch Ernst Grosse (1862-1927) und Theodor Koch-Grünberg (1872-1924). Beide habilitierten sich in Freiburg.

Ernst Grosse (1862-1927) hatte einen Teil einer Publikation über Herbert Spencer (1890) als Habilitationsschrift 1889 in der Philosophischen Fakultät eingereicht und sich bei dem Philosophen Alois Riehl für das Fach Völkerkunde habilitiert. Riehl selbst war an der Ethnologie sehr interessiert und hatte schon 1887 und 1888 Vorlesungen zur Völkerkunde abgehalten. Ernst Grosse bot in seiner ersten Vorlesung 1889 das Thema "Kunst der Naturvölker" an. So kann man den Beginn der Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität, wenn man von der universitätseigenen Ethnographika-Sammlung absieht, die damals schon bestand, Ende der 1880er Jahre ansetzen.

1896 wurde Ernst Grosse zum Extraordinarius für "Philosophie und Ethnologie" (nicht "Völkerkunde") ernannt. Seine Vorlesungen und Übungen hielt er anfangs innerhalb der Philosophie ab, später auch innerhalb einer neu formierten Fachgruppe "Geschichte und Völkerkunde". Grosses Veranstaltungen fanden sich aber auch unter "Archäologie und Kunstgeschichte" angekündigt. In letzterer Abteilung wurde beispielsweise im Sommersemester 1922 eine Veranstaltung über "Die bildende Künste der Japaner" mit sechs Wochenstunden aufgeführt, die außerordentlich großen Zuspruch fand (Pfaff-Giesberg mündl. Mitt. an Rolf Herzog o. D.).

Ernst Grosses ethnologisches Forschungsinteresse lag in zwei Themenbereichen. Zum einen war es die Kunstethnologie, die ihn mit einem 1894 erschienenen Buch über die Anfänge der Kunst bekannt machte. Dieses Werk über außereuropäische Kunst war ein erster Versuch zu dieser Thematik und brachte etwas Neues. Sein Interessenschwerpunkt lag bei der Kunst Ostasiens. Er hatte eine enge Beziehung zu Japan, war mit einer Japanerin verheiratet und seit 1908 als Kunstsachverständiger für die deutschen Botschaften in Tokio und Peking tätig.
 

ernst gross 
Ernst Grosse (1862-1927)
 
Zum anderen war seine Kritik am Evolutionismus, die er 1896 mit seinem Werk über die Formen und Entwicklung der Familie im Kontext der Wirtschaft vortrug, eine damals auch außerhalb der Ethnologie viel beachtete Arbeit zur Kulturgeschichte.
 
Ernst Grosse starb 1927. Erst 1926, sehr kurz vor seinem Tod, war er, nachdem er schon fast vierzig Jahre in Freiburg gelesen hatte, zum beamteten Extraordinarius für Ethnologie befördert worden. Rolf Herzog widmete seine Antrittsvorlesung im Jahre 1966 dem Leben und Wirken Ernst Grosses (May 1977; Herzog 1989; Model 2005).

Zwanzig Jahre nach Ernst Grosse hatte sich Theodor Koch-Grünberg 1909 an der Albert-Ludwigs-Universität habilitiert; er war zunächst Privatdozent, später außerordentlicher Professor. Koch-Grünberg hatte, bevor er nach Freiburg kam, zwei mehrjährige Forschungsexpeditionen in Brasilien und Venezuela unternommen.

Während Ernst Grosse das Fach in der philosophischen Fakultät vertrat, gehörte Theodor Koch-Grünberg zunächst im Sommersemester 1910 der Fachgruppe Geographie und Ethnographie der mathematisch-naturwissenschaftlichen Abteilung innerhalb der Philosophischen Fakultät an und war dann im Wintersemester 1910/11 sowie in den Jahren 
 
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 Theodor Koch-Grünberg (1872-1924)
 
1913 bis 1915 Mitglied der neugegründeten, eigenständigen naturwissenschaftlich-mathematischen Fakultät. Auf Antrag des Geographen Ludwig Neumann wurde er nach der Rückkehr von einem fast zwei Jahre dauernden Aufenthalt im nördlichen Amazonien 1913 zum außerordentlichen Professor ernannt (Stadelbauer 2014:69).
 
1915 verließ Koch-Grünberg Freiburg und übernahm die Leitung des Stuttgarter Linden-Museums (Kraus 2004:454). In der Stadt Grünberg erinnert ein von der Freiburger Ethnologin Karin Bautz geleitetes Museum an seine Forschungsexpeditionen (http://www.freundeskreis-museum-gruenberg.de/de/museum-theo-koch.html).

Nach dem Tod von Ernst Grosse 1927 trat eine Vakanz ein. Es war zwar Ludwig Kohl-Larsen (1884-1969) 1940 in Freiburg zum Honorarprofessor für Völkerkunde ernannt worden; er trat jedoch sein Amt nie an. Das Fach war somit während der Zeit des Nationalsozialismus in Freiburg nicht vertreten. Für fast vierzig Jahre gab es keine Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität.

Die Ausrichtung und Zuordnung des Faches nach der Institutsgründung 1965

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Erst mit der Berufung von Rolf Herzog 1964 wurde die Fachrichtung ab 1965 wieder angeboten und erstmalig ein Institut für Völkerkunde aufgebaut, das über das vergangene halbe Jahrhundert von drei Ethnologen geführt wurde. Rolf Herzog prägte das Institut für 22 Jahre bis 1987. Ulrich Köhler führte das Institut 15 Jahre bis 2002. Seit dieser Zeit, seit 13 Jahren, steht das Institut unter der Leitung von Judith Schlehe.

Institute der Ethnologie von der Größe des Freiburgers Instituts werden vom jeweiligen Lehrstuhlinhaber oder -inhaberin in der regionalen, theoretischen und methodischen Ausrichtung in Forschung und Lehre geprägt. Über diese drei Epochen hat jeder eigene, neue Akzente gesetzt und dem Institut die seiner Ethnologen-Generation zeitgemäße Ausrichtung gegeben. Den Mitarbeitern des Instituts blieb jedoch dabei ihre individuelle Eigenständigkeit. Alle drei Ordinarien waren stets darauf bedacht, dass das Fachwissen möglichst in seiner ganzen Breite vermittelt wurde. Das betrifft sowohl die regionalen Bereiche wie die thematischen Inhalte. Dies zu gewährleisten, dazu haben außerplanmäßige Professoren, Privatdozenten, Assistenten, Gastprofessoren und Lehrbeauftragte wesentlich beigetragen. Im Lehrprofil des Instituts war somit eine klar erkennbare Kontinuität gegeben.

Entsprechend der Interessenausrichtung des jeweiligen Lehrstuhlinhabers ergab sich eine regionale Schwerpunktsetzung in der Forschung, deren Erkenntnisse sich natürlich auch in der Lehre niederschlugen: Unter Rolf Herzog war es die Afrikanistik mit besonderem Bezug zu Nord- und Nordostafrika, unter Ulrich Köhler die Amerikanistik mit Schwerpunkt Mexiko, und unter Judith Schlehe die Südostasienforschung mit Konzentration auf Indonesien. Stefan Seitz, der von 1980 bis 2010 eine zweite Professur innehatte, vertrat Teilgebiete Afrikas und Südostasiens.

Alle drei Institutsleiter haben mit ihrer Persönlichkeit zugleich auch zur institutionellen Positionierung unseres Faches an der Universität beigetragen, u. a. durch die aktive Mitarbeit an der akademischen Selbstverwaltung über die Fakultätsarbeit und die Mitarbeit in universitären Gremien. Das Institut gehörte zunächst zur Philosophischen Fakultät. 1969 wurde eine Neuordnung der Fakultäten vorgenommen. Die Philosophische Fakultät wurde in vier kleinere Philosophische Fakultäten aufgegliedert und eine neue Geowissenschaftliche Fakultät gegründet. Die Ethnologie kam u. a. auch mit dem Hinweis, dass es zu Beginn des Jahrhunderts bereits die Fachgruppe "Geographie und Ethnologie" gegeben habe, in die Geowissenschaftliche Fakultät. Die Zuordnung zu dieser neuen Fakultät brachte eine stärkere, sehr kollegiale Zusammenarbeit mit der Kulturgeographie, die hier in Freiburg in Lehre und Forschung neben dem Bezug zur hiesigen Region auf Länder der "Dritten Welt" ausgerichtet war.

Nach über 30 Jahren wurde 2002 die geowissenschaftliche Fakultät aufgelöst, gerade zum Zeitpunkt, als Judith Schlehe den Lehrstuhl übernahm. Es kam eine längere Debatte auf, ob das Institut gemeinsam mit den Geographen der damaligen Forstwissenschaftlichen Fakultät, der heutigen Fakultät für Umwelt und natürliche Ressourcen, oder der neugeordneten Philosophischen Fakultät zugeordnet werden sollte. Schließlich wurde die Ethnologie Mitglied der Philosophischen Fakultät.

Rolf Herzog: Aufbau und Konsolidierung des Instituts von 1965 bis 1987

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Bei Amtsantritt von Rolf Herzog erhielt das Institut im Peterhof der Universität, in der Niemensstraße, im Erdgeschoss zwei kleine Räume. Noch 1965 wechselte es in die Universitätsstraße 9, wo zusätzlicher Raum für die Bibliothek und ein Übungsraum
 
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                                      Peterhof, Niemensstraße (1965)                     Universitätsstr. 9  (1965-1972)
 
gegeben waren. 1972 wurde das Institut für Völkerkunde mit den beiden Geographischen Instituten (damals Institut für Kulturgeographie und Institut für Physische Geographie)
im Werthmannhaus (damals Werderring 4) untergebracht. Geographie und Völkerkunde verwalteten in diesem Haus ihren Bücherbestand in einer gemeinsamen Fachbereichsbibliothek, die bis 2015 bestand.

Zwei Jahre nach dem Einzug in das Werthmannhaus musste das Institut nach einem Großbrand im April 1974 in das Haus Werderring 10, heute Werthmannstr. 10, ausquartiert werden. Was zunächst nur eine vorübergehende Lösung sein sollte, blieb bis heute über 40 Jahre. Intern konnte sich das Institut räumlich um ein weiteres Stockwerk erweitern. Ein dem Haus zugehöriges, ursprünglich sehr großes Gartengelände wurde zum idealen Ort der alljährlichen Sommerfeste des Instituts. 2010 wurde das Institut für Völkerkunde in "Institut für Ethnologie" umbenannt.
 
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                               Werthmannhaus,                                                     Werthmannstr. 10 (Werderring 10)
                      Werthmannstr. 4 (1972-1974)
 
 
Zu den Mitarbeitern des Instituts in den ersten Semestern im Peterhof und in der Universitätsstraße gehörten als Sekretärinnen zunächst Ruth Hausin und dann Erika von Rotberg sowie als studentische Mitarbeiterinnen Armgard Grauer (SS 1966 - SS 1968) und Reinhild Boehm (SS 1966). Sie hatten in Hamburg Ethnologie studiert und waren zugleich auch die beiden allerersten Studentinnen am Institut. Armgard Grauer hatte Rolf Herzog bereits 1963 als DAAD Stipendiatin am Deutschen Archäologischen Institut in Kairo kennengelernt. Georg Pfeffer war als studentische Hilfskraft für die Bibliothek zuständig (WS 1966/67 bis WS 1967/68). Von 1965 bis 1967 waren es etwa zehn Studierende im Hauptfach, die gemeinsam an allen Vorlesungen und Seminaren teilnahmen. Zu ihnen gehörten neben Armgard Grauer und Reinhild Boehm (Professorin, University of Alberta, Edmonton) die späteren ProfessorInnen Ute Luig (FU Berlin), Georg Pfeffer (FU Berlin) und Stefan Seitz (Universität Freiburg) sowie Shahnaz Nadjmabadi (Universität Tübingen), Gabriele Grodd, Jochen Hass, Ahmed Bashir und Matthias Platzer. Es herrschte eine ausgesprochen familiäre Atmosphäre. Zwischen Rolf Herzog, den Mitarbeitern und den Studierenden bestand ein sehr persönliches Verhältnis.

Rolf Herzog hatte in Göttingen studiert. Das Institut für Ethnologie an der Georg-August-Universität war damals eines der ersten, das nach dem Krieg bereits 1945 den Lehrbetrieb wieder aufnehmen konnte. 1949 promovierte Rolf Herzog mit einer Arbeit zur Interpretation ethnohistorischer Quellen über die Völker des Lenagebietes und war von 1950 bis 1955 als Assistent am Institut tätig. 1956 habilitierte er sich an der Humboldt-Universität in Berlin bei Dietrich Westermann mit einer Monographie über die Nubier. Diese Arbeit erhielt durch den Bau des Assuan-Staudammes besondere Bedeutung und blieb bis heute die wichtigste Quelle über diese Ethnie.

Bereits in dieser Zeit, Anfang der 1950er Jahre, als noch kaum ein deutscher Ethnologe die Möglichkeit einer Feldforschung hatte, konnte er längere Forschungs- und Erkundungsreisen zunächst nach Marokko, Algerien, Ägypten und später in den Sudan durchführen.

Von 1958 bis 1964 war er Referent für Ethnologie am Deutschen Archäologischen Institut in Kairo. In dieser Zeit suchte er alljährlich den Sudan auf. 1963 erfolgte eine Umhabilitierung von Berlin nach München bei Hermann Baumann. Für kurze Zeit, während der Urlaubsaufenthalte in den Jahren 1963 und 1964, lehrte Rolf Herzog als Privatdozent in München.
 
 
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   Die erste Museumsexkursion des Instituts nach Basel im WS 1965/66. Unter den
TeilnehmerInnen (v.l.n.r.) Georg Pfeffer, Meinhard Schuster, Rolf Herzog,
Stefan Seitz, Ute Luig, Shahnaz Nadjmabadi, Gabriele Grodd (Safai)
 
Bei seiner Berufung nach Freiburg brachte Rolf Herzog somit eine umfangreiche Feldforschungserfahrung mit. Seine Forschungen waren praxisorientiert und gegenwartsbezogen, regional auf Nordafrika und Nordostafrika fokussiert, aber auch kulturhistorisch ausgerichtet, was Afrika südlich der Sahara und insbesondere die Beziehungen zwischen dem Alten Ägypten, dem Niltal und Afrika südlich der Sahara anbetraf. So hat er sich in einer Monographie über Punt mit der Lokalisierung des sagenhaften Weihrauchlandes befasst. Vor allem aber wollte er die alte Vorstellung von einer einseitigen kulturellen Ausstrahlung vom Niltal ausgehend nach Afrika korrigieren und die Kulturleistungen afrikanischer Gesellschaften als eigenständig, nicht vom alten Ägypten beeinflusst, sehen.

Doch jener Schwerpunkt seiner Forschertätigkeit, der ihn weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt machte, war der Nomadismus. Seine Arbeiten zum Prozess der Sesshaftwerdung von Nomaden in Nordafrika sind bis heute aktuell. Das war sein Beitrag zur angewandten Ethnologie. Rolf Herzog gehörte zu den führenden Vertretern der Nomadismusforschung und galt als einer der besten Kenner der nord- und nordostafrikanischen Ethnien in der deutschsprachigen Ethnologie.
 
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Rolf Herzog (1919-2006)
(Foto Christiane Kron)
 
Forschungs- und Kongressreisen in den 1970er Jahren führten ihn in den Sudan, nach Äthiopien, Somalia, Kongo (Zaire) und Libyen. In den 1980er Jahren wandte er sich nochmals historischen Fragestellungen zu, jetzt im Raum Ozeaniens, mit dem er von seiner Göttinger Studienzeit her sehr vertraut war. Er erbrachte nach gründlicher Überprüfung der Bestände in deutschen Museen den Nachweis, dass Tikis, die aus den Steinschleifereien von Idar-Oberstein stammten, nach Neuseeland exportiert worden waren und von dort als angeblich echte Maori-Objekte den Weg nach Europa an hiesige Völkerkundemuseen wieder zurückgefunden hatten. Eine Forschungsreise 1982 nach Neuseeland und auf die Chatham-Insel galt Recherchen nach dem Schicksal der Moriori.

Der Inhalt seiner Lehre war bestimmt von seinem umfassenden ethnographischen, auf seinen eigenen Felderfahrungen und -beobachtungen basierenden Wissen. Sie sprach gleichermaßen aktuelle, den kulturellen Wandel betreffende wie auch kulturhistorische Fragestellungen an. Es war eine kulturvergleichende Ethnologie, und, wie zu dieser Zeit an den meisten Instituten in Deutschland gelehrt wurde, eine nicht vorrangig theorienorientierte Lehre. Der Studienablauf war damals weit weniger systematisiert, aber auch weit weniger reglementiert. Das gab den Studierenden großen Freiraum, auch das Lehrangebot der Nachbardisziplinen wahrzunehmen.

Gemeinsam mit Meinhard Schuster aus Basel führte Rolf Herzog im Wintersemester 1986/87 die erste Regio-Veranstaltung durch. Zuvor schon, 1983, hatte Rolf Herzog gemeinsam mit Meinhard Schuster und dem Basler Institut die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Freiburg ausgerichtet. Anlässlich dieser Tagung wurde in der Universitätsbibliothek eine gemeinsam konzipierte Ausstellung über die "Entwicklung der Völkerkunde am Oberrhein" gezeigt.

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 Aufbau der Ausstellung "Entwicklung der Völkerkunde am Oberrhein"
1983 anlässlich der Tagung der DGV mit Achim Sibeth, Sieglinde Prütz,
Maike Kleihauer, Christiane Kron und Rolf Herzog
 
Zu dem auf die Praxis hin orientierten Lehrangebot des Instituts gehörte auch, dass Rolf Herzog von Anbeginn an die visuelle Anthropologie mit einbezog. Über Günther Spannaus, seinem akademischen Lehrer in Göttingen, hatte er Zugang zum Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen gefunden. Herzog selbst war in den 1950er Jahren einer der Teilnehmer des ersten Ausbildungskurses dieses Instituts und wurde später Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des IWF. Regelmäßig bot Rolf Herzog Seminare zur Analyse des ethnographischen Films an. Seminare zur visuellen Anthropologie gehören bis heute zum festen Lehrangebot des Instituts. Freiburger Ethnologen und Studierende des Faches beteiligen sich aktiv auch an dem seit 1985 alle zwei Jahre stattfindenden, vom Kommunalen Kino in Freiburg ausgerichteten, renommierten freiburger film forum.
 
 
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 Rolf Herzog mit Oberbürgermeister Rolf Böhme
bei der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde
1983
 
Die Promotion war anfangs der einzige mögliche Studienabschluss. Der Magisterstudiengang wurde Ende der 1960er Jahre eingeführt. Die erste Kandidatin am Institut war Reinhild Boehm. Rolf Herzogs Felderfahrung, die er stets in die Lehre einbrachte, motivierte die Doktoranden zu eigener Feldforschung. Ost- und Westafrika waren anfangs die bevorzugten Forschungsterrains.

Die in der Folge der 1968er Studentenunruhen in den 1970er Jahren an manchen anderen Instituten aufgekommenen, teilweise aggressiv und ideologisiert geführten Debatten blieben am Freiburger Institut weitgehend aus. Rolf Herzogs diplomatischem Geschick und seinem vermittelnden Wesen war es zu verdanken, dass auch in dieser Zeit stets eine gute Kommunikation mit den Studierenden frei von Aggression und persönlichen Angriffen bestand.

Die Zahl der Hauptfachstudierenden wuchs am Ende der 1960er Jahre beachtlich an. Erst waren es ungefähr zwanzig Immatrikulierte, dann dreißig und mehr. Mitte der 1970er Jahre waren es über 60, Mitte der 1980er Jahre über 160 im Hauptfach und mit den Nebenfachstudierenden bereits 400 Studierende. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre wurde die Zahl von 260 im Hauptfach und insgesamt von etwa 450 Studierenden erreicht. Schon früh wurde ein Numerus clausus für Ethnologie eingeführt.
 
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 Lehrbetrieb im "Belchen" Mitte der 1970er Jahre
 
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 In der Amtszeit von Rolf Herzog haben sich Bodo Spranz 1970, Stefan Seitz 1975, Berthold Riese 1981, Frank Bliss 1986 und Lothar Käser 1987 habilitiert. Bodo Spranz, Stefan Seitz und Lothar Käser blieben Dozenten am Freiburger Institut, Berthold Riese war Professor an der Universität Bonn am Institut für Altamerikanistik und Ethnologie und Frank Bliss Professor am Institut für Ethnologie der Universität Hamburg.

Das Sekretariat des Instituts wurde in jener Zeit von Charlotte Effinger-Bonsels, Sieglinde Prütz, Ursula Schillinger und Pamela May geleitet.

Rolf Herzog hat das Fach in der Nachkriegszeit entscheidend mitgeprägt. Vom Beginn seiner akademischen Laufbahn an arbeitete er aktiv in der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde mit. Zweimal wurde er zum ersten Vorsitzenden der Gesellschaft (1981-1983 u. 1983-1985) gewählt.
 
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Ausflüge mit den Damen des Sekretariats, Charlotte Bonsels, Rolf Herzog,
Sieglinde Prütz, Florentine Stüber und Ursula Schillinger
 
 
Im Auftrag der DGV wurde unter seiner Leitung der Index der Zeitschrift für Ethnologie für die Bände 1-99 in Freiburg erstellt (1976). Die Geschichte der ersten zwanzig Jahre der DGV hat er in einem Beitrag zu den Mitteilungen aufgearbeitet (Herzog 1982). Für seine Verdienste um die DGV wurde er auf der Tagung in Wien 1995 zum Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde ernannt. Herzog war Hauptgutachter der Ethnologie für die Deutsche Forschungsgemeinschaft. In der alten Philosophischen Fakultät war er Mitglied im Senat der Universität 1967 bis 1971. Er war Dekan der Geowissenschaftlichen Fakultät 1971/72 und Prodekan von 1984 bis 1987.

Bis zu seiner Emeritierung war er Mitglied der Senatskommission für Auslandsbeziehungen und Partnerschaften der Universität. Er stand mit einem großen Kreis von Kollegen im In- und Ausland im Austausch, war sehr gut vernetzt und hielt über all die Jahre hinweg auch engen Kontakt mit den Fachkollegen in der damaligen DDR.

Rolf Herzog verstarb 2006 im Alter von 87 Jahren in Freiburg.
 
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Otto Turza, Rolf Herzog,
Pamela   Elbs-May, Stefan Seitz  1977

 

Die personelle Erweiterung des Instituts unter Rolf Herzog: apl. Professoren, zweite Professur und Gastprofessuren

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Rolf Herzog war schon von Anbeginn an immer bemüht, durch personelle Erweiterung das Lehrangebot auszuweiten. Er regte an, Bodo Spranz, der damalige Leiter des Freiburger Museums für Völkerkunde, sollte sich habilitieren und die Altamerikanistik im Lehrangebot vertreten. Die Habilitation von Bodo Spranz 1969 war die erste am Institut.

Bodo Spranz hatte nach dem Krieg seit 1950 im Übersee Museum in Bremen gearbeitet und zugleich an der Universität Hamburg Ethnologie mit Schwerpunkt Amerikanistik studiert, für die es in Hamburg eine eigenständige Abteilung gab. Er promovierte 1958 mit einer Arbeit über die Ikonographie vorspanischer mexikanischer Bilderhandschriften (der Codex-Borgia-Gruppe).

1962 bekam Bodo Spranz die Leitung des nach Jahrzehnten der Magazinierung in den Räumen des ehemaligen Dominikanerklosters "Adelhausen" wiedereröffneten Freiburger Völkerkunde Museums (früher Adelhausermuseum für Natur- und Völkerkunde, heute Abteilung Ethnologie des Museum "Natur und Mensch") übertragen.

Auch in der Intention, der Stadt Freiburg einen Anstoß zu geben, die hiesige, während des Krieges ausgelagerte ethnographische Sammlung wieder in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, hatte man 1961 in Freiburg die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde abgehalten. Die Stadt hat entsprechend reagiert und 1962 das heute nicht mehr eigenständige Museum gegründet.

Bodo Spranz hatte in den frühen 1960er Jahren die Möglichkeit, im damals laufenden Mexiko-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft bei Ausgrabungen an zwei bedeutenden Ruinenorten im Hochtal von Puebla, im präklassischen Totimehuacan und danach am Cerro Xochitecatl, mitzuarbeiten. Seine Grabungsergebnisse von Totimehuacan legte er der Geowissenschaftlichen Fakultät als Habilitationsschrift vor.
 

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Bodo Spranz (1920-2007)
 
1975 wurde Bodo Spranz zum apl. Professor ernannt. 15 Jahre lang hat er am Lehrbetrieb mit Vorlesungen und Seminaren zu Themen der Altamerikanistik mitgewirkt und zugleich auch für die StudentInnen den Zugang zum Museum geöffnet. 1984 trat er als Leiter des damaligen Völkerkunde-Museums in den Ruhestand. Er starb 2007 in Bremen.

Neben Bodo Spranz bot ab dem Wintersemester 1970/71 Otakar Nahodil Vorlesungen und Seminare am Institut an. Otakar Nahodil kam aus der damaligen Tschechoslowakei, hatte in Prag, Sofia und Leningrad Ethnologie, Religionswissenschaft und Soziologie studiert, 1949 an der Karls-Universität in Prag mit einer Arbeit über die ukrainische Großfamilie in der Ostslowakei promoviert und sich später mit einem Thema zur "Urgesellschaft“ habilitiert.

Er hatte Feldforschungen bei osteuropäischen und mittelasiatischen Völkern durchgeführt und Ethnologie an der Karls-Universität Prag gelehrt. Otakar Nahodil siedelte 1966 nach Deutschland um und wurde Professor für Soziologie und Politik an der
 
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Otakar Nahodil (1923-1995)
 

Pädagogischen Hochschule Lörrach, ab 1985 an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. 1970 wurde er an der Freiburger Universität umhabilitiert. Ab 1972 war er am Institut als apl. Professor neben seiner Haupttätigkeit an der PH Lörrach bis 1988 aktiv an der Lehre beteiligt und blieb bis zum Sommersemester 1994 dem Institut verbunden. Otakar Nahodil starb 1995 in Prag.

 
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 Rolf Herzog und Otakar Nahodil Anfang der 1970er Jahre
 
Für zwei Jahrzehnte behandelte er in seinen Lehrveranstaltungen anfangs vor allem Themen zur Kulturphilosophie und Kulturanthropologie, zu Kulturtheorien, die eine neoevolutionistische Ausrichtung erkennen ließen und insbesondere Leslie White thematisierten. Damit sprach er bestimmte Studentengruppen an und vertrat in gewissem Sinne eine eigene Richtung im Institut. Später waren seine Vorlesungen und Seminare stärker auf Themen zur Ethnographie Zentralasiens und Sibiriens ausgerichtet.

Ab den 1980er Jahren waren für über drei Jahrzehnte die Vorlesungen und Seminare von Lothar Käser fester Bestandteil der Lehre am Institut. Lothar Käser hatte zunächst Anglistik und Romanistik in Freiburg studiert, mit besonderem Interesse an der Sprachwissenschaft und theoretischen Linguistik, und ging 1969 in den Auslandsschuldienst nach Chuuk, Mikronesien. Die Beobachtung, dass die Schüler auf Chuuk wohl Englisch sprachen, aber in den Strukturen ihrer eigenen, austronesischen Sprache dachten, veranlasste ihn, sich mit den Begriffssystemen im Denken der indigenen Bevölkerung, deren Welt  und Menschenbild, deren Seelen- und Körpervorstellungen zu befassen und Denkstrukturen der Inselbewohner im Sinne einer kognitiven Ethnologie, die damals in den USA aufkam, zu untersuchen. Ward Hunt Goodenough, der Altmeister der ethnologischen Mikronesienforschung, motivierte ihn, seine Forschungsergebnisse zu publizieren und eine Dissertation fertigzustellen.
 
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Lothar Käser
 
1974 kam Lothar Käser nach Deutschland zurück, promovierte bei Rolf Herzog mit einer Arbeit über den Begriff der Seele auf Chuuk. Rolf Herzog erkannte eine Chance, durch Lothar Käser das Lehrangebot am Institut zu auszuweiten, und regte an, die noch unveröffentlichten Daten über die Körpervorstellungen zur Habilitationsschrift auszuarbeiten. 1987 erfolgte die Habilitation, 1994 die Ernennung zum apl. Professor.

Seminare hielt Lothar Käser bereits ab 1983 am Institut ab. Sein Lehrangebot betraf Themen zur Ozeanistik, Religionsethnologie, zu Welt- und Menschenbild, zur Kognitionsforschung und Ethnolinguistik. Neben seiner Forschungserfahrung aus Ozeanien flossen auch seine Kenntnisse von zahlreichen Aufenthalten zu Schulungen, Fortbildungen und auch zu Lehrforschungen in Südamerika, Afrika und Südostasien im Rahmen seiner Tätigkeit für kirchliche Organisationen in der Entwicklungszusammenarbeit in seine Lehre ein (Käser 2011). Seine Abschiedsvorlesung hielt Lothar Käser im Jahr 2011.

Die Rolf Herzog zugeordnete Assistentenstelle wurde erstmals 1970 besetzt, fünf Jahre nach der Einrichtung des Instituts. Bis dahin gab es nur das Ordinariat, das Sekretariat und eine Stelle für eine wissenschaftliche Hilfskraft. Erster Assistent war Stefan Seitz, der von 1965 bis zum Wintersemester 1969/70 in Freiburg und Hamburg Ethnologie, Geographie sowie Anthropologie studiert hatte und 1970 mit einer Monographie über eine ethnische Minderheit in Ruanda bei Rolf Herzog promovierte. Er habilitierte sich im Januar 1975 an der Universität Freiburg mit einer Schrift über die kulturelle Diversität der zentralafrikanischen Wildbeuterkulturen, wurde 1977 zum Universitätsdozenten und 1980 zum Professor (C2 Lebenszeit) ernannt. 1983 und 1984 vertrat er den Lehrstuhl am Institut für Ethnologie an der FU Berlin.
 
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Ein Ausflug ins Elsass: Jana Turza, Charlotte Bonsels,
Stefan Seitz, Sieglinde Prütz, Rolf Herzog.
 
Schwerpunkte seiner Forschungsinteressen waren Zentralafrika und Südostasien, Wildbeutergesellschaften im Transformationsprozess, Ressourcennutzung in indigenen Agrargesellschaften, Tourismus und tribale Gesellschaften, ethnologische Aspekte der Katastrophenforschung sowie Minoritätenpolitik.

Er hatte Feldforschungen zunächst 1967 in Ruanda, dann mit interdisziplinären Forschergruppen 1972 im Kongo (Zaire) im Rahmen des Öko-Programmes der Stiftung Volkswagenwerk zur Erforschung der Ökologie des Kahuzi-Biega-Bergwaldes in Ost-Zaire (Kivu) in Verbindung mit dem I.R.S.A.C. Lwiro (Bukavu) und 1975 in Nordost Kenia im Rahmen eines multidiziplinären DFG-Projekts bei den Pokomo durchgeführt. Ende der 1970er und in den 1980er Jahren folgten Forschungen in Borneo und auf den Philippinen, gefördert von der VW-Stiftung im Rahmen des Sonderforschungsprogrammes "Südostasien".

Nach dem Ausbruch des Vulkans Pinatubo untersuchte er 1994 bis 1996 und 1999/2000 Bewältigungsstrategien der von ihm bereits vor der Katastrophe erforschten, von dem Ereignis besonders betroffenen Aeta. Von 2002 bis 2005 folgten gemeinsam mit dem Research Institute for Mindanao Culture (RIMCU) der Xavier University, Cagayan de Oro, Forschungen in Nordost-Mindanao über das Identitätsverhalten einer Minorität in einem multiethnischen Beziehungsgeflecht.
 
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Stefan Seitz
 
In den 1990er Jahren nahm er gemeinsam mit Ulrich Köhler, Forstwissenschaftlern, Geographen und Politologen am DFG-Graduiertenkolleg "Sozio-Ökonomie der Waldnutzung in den Tropen und Subtropen" mit Reiner Buergin teil, der als Doktorand in Thailand Feldforschungen durchführte.

Seit 2010 ist er mit verschiedenen Vorhaben an dem vom BMBF geförderten, interdisziplinären Forschungsprogramm "Grounding Area Studies in Social Practice: Südostasien-Forschung in Freiburg" beteiligt, so u. a. 2011/12 mit Andreas Volz an einem Projekt über Aneignungsprozesse im philippinischen Konsumverhalten, 2013/14 an einem Forschungsvorhaben in Palawan und 2015 an einem von Michaela Haug und Cathrin Arenz (Bullinger) organisierten Projekt zum Thema "Change and Continuity in Dayak Societies".

MitarbeiterInnen von Stefan Seitz führten im Rahmen von meist interdisziplinären Forschungsprojekten Feldforschungen durch, so Andrea Bender in Ozeanien im DFG-Schwerpunktprogramm "Der Mensch als Verursacher und Betroffener globaler Umweltveränderungen" (1997-2000) und im Projekt "Kulturspezifische Selbstkonzepte, Verantwortungszuschreibung und Ärger" in Kooperation mit Psychologen (2003-2006), Roland Platz in Nordthailand bei den Sgaw-Karen (1999-2001), Christian Gönner, Michaela Haug und Cathrin Arenz (Bullinger) in einem gemeinsamen mit dem Institut für Forst- und Umweltpolitik, Arbeitsbereich Markt und Marketing, der Universität Freiburg (Prof. Dr. Michel Becker, Forschungsbereich Bolivien) getragenen Projekt des Centre for International Forestry Research (CIFOR) über die Auswirkungen von Dezentralisierungsreformen in Kalimantan "Making Local Government more Responsive to the Poor: Developing Indicators and Tools to Support Sustainable Livelihood under Decentralisation" (2003-2006), finanziert vom BMZ.

In der Lehre ergänzte seine regionale Hinwendung von Afrika nach Südostasien die Schwerpunktsetzung im Lehrangebot von Rolf Herzog und später von Ulrich Köhler. 1978 führte er die erste Lehrforschung des Instituts mit einer Gruppe von zehn Studierenden in Brunei und Sarawak, Borneo, durch.

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Lehrforschung in Brunei 1978
 
1989 organisierte Stefan Seitz eine weitere Lehrforschung zu ethnischen Minderheiten in Nordthailand, ein Vorhaben, das ursprünglich für Südchina vorbereitet worden war, dann aber wegen des Tian'anmen Massakers nach Thailand verlegt wurde. Nach vier Jahrzehnten Lehrtätigkeit trat Stefan Seitz 2010 in den Ruhestand. Eine Vielzahl von DoktorandInnen und MagistrandInnen haben in dieser Zeit das Examen bei ihm abgelegt.

Nachfolger auf der Assistentenstelle war 1977 Otto Turza. Er hatte bis 1988 diese Stelle inne, bis zu Beginn der Amtszeit von Ulrich Köhler. Otto Turza hatte in Freiburg Ethnologie und Geographie studiert und 1978 mit einer Arbeit zur Afrikanistik promoviert. Seine regionalen Schwerpunkte waren, neben Afrika südlich der Sahara, insbesondere die Sami in Nordfinnland, die er oft aufgesucht hatte, und sibirische Völker, unter denen er 1995 eine Expedition zu den Dolganen begleitete. Sein persönliches Interesse für die materielle Kultur setzte er in praxisbezogenen Lehrveranstaltungen um und motivierte viele Studierende zur aktiven Mitarbeit. So konzipierte auch unter seiner Leitung eine Gruppe von Studierenden 1984 die Ausstellung "Boote, Technik und Symbolik" und realisierte sie gemeinsam mit dem Museum für Völkerkunde in der Universitätsbibliothek. Otto Turza verstarb 2012.
 
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Otto Turza (1942-2012)
 
Neben den außerplanmäßigen Professoren und den Assistenten suchte Rolf Herzog, wie auch später Ulrich Köhler und Judith Schlehe, das Lehrangebot insbesondere für spezialisierte Themenbereiche durch Gastdozenturen zu erweitern.

1965, sehr bald nach seiner Berufung, hatte Rolf Herzog den estnischen Ethnologen und Schamanenforscher Ivar Paulson aus Stockholm zu einer Gastdozentur nach Freiburg eingeladen. Paulson sollte auch 1966 nach Freiburg kommen, verstarb aber leider. Von 1970 bis 1971 bot der amerikanische Ethnologe Joel Martin Halpern (Professor Emeritus of the University of Massachusetts) Lehrveranstaltungen zum Festland Südostasien an. Im Wintersemester 1971/72 hielt die österreichische Ethnologin Herta Hasselberger (Professorin für Kunstgeschichte an der Technischen Universität Wien und Professorin am Institut für Völkerkunde) eine Vorlesung und ein Seminar zur Einführung in die Kunstethnologie ab. Im Wintersemester 1972/73 war Wolfgang Laade (Professor am Musikethnologischen Archiv der Universität Zürich, verstorben 2013) Gastdozent am Institut, der Themen der Musikethnologie behandelte.
 
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 Rolf Herzog, Judith Schlehe und Ulrich Köhler (2004)

Ulrich Köhler: Amerikanistik als neuer regionaler Schwerpunkt 1987-2002


1987 folgte Ulrich Köhler auf den Lehrstuhl. Ulrich Köhler hatte anfangs Volkswirtschaft studiert und war nach Frankfurt, Paris und Bonn nach Freiburg zu Arnold Bergstraesser gekommen, den er zunächst auch als Doktorvater vorgesehen hatte. Über ihn fand er Interesse am Themenfeld der Entwicklungszusammenarbeit und so Zugang zur Beschäftigung mit außereuropäischen Kulturen. Nach dem Diplomabschluss in der Volkswirtschaft 1962 ging er an die Northwestern University in Chicago, befasste sich mit der amerikanischen Kulturanthropologie und bei Melville J. Herskovits mit afrikanischen Kulturen. Neben Herskovits gehörten Paul J. Bohannan und George Dalton zu seinen Lehrern. Herskovits veranlasste ihn, nicht in Afrika, sondern in Mexiko, in Chiapas, sein Forschungsterrain zu suchen.

Nach seiner Rückkehr von den USA kam Ulrich Köhler nach dem Tode von Arnold Bergstraesser im Januar 1965 wieder für kurze Zeit nach Freiburg als Assistent an das neu eingerichtete Arnold-Bergstraesser-Institut. Dann folgte er Rüdiger Schott, der damals am ABI tätig war, im Mai des Jahres nach Münster an die Westfälische Wilhelms-Universität. Ulrich Köhler promovierte 1968 in Münster mit einer Dissertation über den Kulturwandel in Chiapas, Mexiko, und habilitierte sich 1975 mit einer Schrift zur mesoamerikanischen Kosmologie.
 

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Ulrich Köhler
 
Sein weitgefächertes Forschungsinteresse lag - wie auch bei Rolf Herzog - sowohl bei aktuellen, praxisbezogenen Themen, bei Themen der angewandten Ethnologie, der Entwicklungsländerforschung wie zugleich auch bei kulturhistorischen, ethnohistorischen und archäologischen Fragestellungen zur Altamerikanistik. Er befasste sich mit religionsethnologischen Fragen zu Alter Ego, Nagualismus, synkretistischen Phänomenen, Revitalisationsbewegungen und Kosmologie, aber auch mit der Ethnoastronomie, der Kognitionsforschung und der ökonomischen Anthropologie.

Die regionale Schwerpunktsetzung von Ulrich Köhler konzentrierte sich auf Amerika, auf Mittelamerika, insbesondere auf Chiapas. Somit gab es mit seiner Berufung 1987 an das Freiburger Institut eine neue regionale Akzentsetzung in der Forschung. Die Amerikanistik wurde ausgebaut, über die Archäologie hinaus - die ja bereits von Bodo Spranz in der Lehre vertreten wurde - auf rezente Kulturen und aktuelle Themen. Ulrich Köhlers besonderes Interesse galt der Beschäftigung mit der Maya-Kultur und der Situation der heutigen Nachfahren der Maya, aber auch mit der Hochkultur der Azteken. Sprachkurse für das Tzotzil, eine Maya Sprache, und für Aztekisch wurden angeboten.

Er betreute eine Vielzahl von Dissertationen, die sich vornehmlich mit aktuellen Themen zur Amerikanistik befassten. Die meisten deutschsprachigen Buchpublikationen zur Amerikanistik kamen aus Freiburg und erschienen in der von Ulrich Köhler herausgegebenen Reihe "Ethnologische Studien" (Lit-Verlag), die bis heute bereits 45 Bände zählt. Sie ist somit die größte ethnologische Reihe mit Schwerpunkt Amerikanistik im deutschsprachigen Raum. Sein Handbuch zur Altamerikanistik, das 1990 erschien, ist eine wichtige Einführung in die Hochkulturen Mittel- und Südamerikas.
 
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Beim Sommerfest im Institutsgarten
 
Gegen Ende der 1980er und in den 1990er Jahren kam ein stärkeres Bedürfnis nach Theoriediskussionen auf, auch eingeleitet durch die cultural turns. Ulrich Köhler hatte sich schon als Student während seines Studienaufenthaltes in den USA mit Ansätzen der kognitiven Anthropologie befasst und insbesondere diese Methode in seine Lehre eingebracht.

In der Amtszeit von Ulrich Köhler wurden Günter Best (Universität Münster), Maria Susana Cipoletti (Universität Bonn) 1990, Bruno Illius (Universität Marburg) 1994, Judith Schlehe (Universität Freiburg) 1997, Eveline Dürr (Universität München) 2000 und Norbert Ross (Vanderbilt University, Nashville, USA) 2002 habilitiert.

Die bereits unter Rolf Herzog eingeleitete Zusammenarbeit mit Meinhard Schuster in Basel wurde auch von Ulrich Köhler weitergeführt. In größeren Zeitabständen wurden Regio-Seminare mit Basel angeboten, in die später das Institut d'Ethnologie de l'Université de Strasbourg (EUCOR) miteinbezogen wurde. So wurden in den 1990er Jahren gemeinsam mit Pierre Erny und seinen Mitarbeitern sechs mehrtägige Regio-Seminare im Schweizer Jura, im Elsaß in den Vogesen und auf dem Fachschaftshaus der Freiburger Universität auf dem Schauinsland zu unterschiedlichen Themen abgehalten.

Zum Lehrangebot von Ulrich Köhler gehörten auch zwei Lehrforschungen in Chiapas, 1994 in Santa Catarina Pantelhó und 2002 in Nueva Maravilla, San Christobal de Las Casas. Die Ergebnisse wurden in Buchpublikationen festgehalten (Köhler 1997, 2005). 

1989 wurde von Ulrich Köhler ein gemeinsames Projekt mit dem Institutio Venezolano de Investigaciones Cientificas (IVIC) in Caracas über "Entwicklungspolitische Grundlagenforschung bei den Warao-Indianern im Orinoko-Delta" aufgenommen. Ab den 1990er Jahren begann auch eine stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Universität im Rahmen größerer Projekte. Zuvor basierte die fächerübergreifende inneruniversitäre Zusammenarbeit in der Regel auf individueller persönlicher Kooperation. Ulrich Köhler und Stefan Seitz waren am DFG-Graduiertenkolleg "Sozio-Ökonomie der Waldnutzung in den Tropen und Subtropen" beteiligt.
 
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Ulrich Köhler, Rolf Herzog und Sieglinde Prütz im Jahr der Amtsübernahme 1987
 
 

Die interdisziplinäre Kooperation innerhalb der Universität wurde ab dieser Zeit auch mit der Einbindung des Faches in die Studiengänge "Historische Anthropologie" und "Global Studies" verstärkt. Die Gespräche zur Einrichtung des Studienganges "Historische Anthropologie" fanden unter der Führung des Althistorikers Jochen Martin bereits in der Mitte der 1980er Jahre, also kurz vor dem Wechsel von Rolf Herzog zu Ulrich Köhler statt. 1995 wurde dieser verschiedene Disziplinen kombinierende Studiengang mit Magisterabschluss von Stuttgart genehmigt, der heute als Masterstudiengang für "Interdisziplinäre Anthropologie" weitergeführt wird.

Neben der Mitwirkung an diesem Studiengang war das Institut auch an den "Gender Studies" beteiligt, die, 1999 von Elisabeth Cheauré initiiert, ab 2000 im "Zentrum für Anthropologie und Genderstudies" gemeinsam mit Jochen Martin begründet und 2001 von Nina Degele übernommen wurden.

Beim Führungswechsel von Ulrich Köhler zu Judith Schlehe wurde 2002 das Institut in den von Hermann Schwengel aufgebauten Masterstudiengang "Global Studies Programme" miteinbezogen (Schwengel 2014). 

Während der Amtszeit von Ulrich Köhler wurde das Sekretariat von Sieglinde Prütz und Pamela May geführt. Pamela May verstarb 2005.

Wie Rolf Herzog, so war auch Ulrich Köhler bestens vernetzt mit in- und ausländischen Kollegen und Institutionen. Er hat aktiv in der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde mitgearbeitet, war deren Vorsitzender von 1979 bis 1981 und hatte die Tagung der Gesellschaft 1981 in Münster ausgerichtet. Zugleich war er Mitglied der Redaktion der Zeitschrift für Ethnologie. Er war im Auswahlausschuss des DAAD, einer der ethnologischen Fachvertreter im Permanent Council der International Union of Anthropological and Ethnological Sciences, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Instituts für den wissenschaftlichen Film und in anderen Fachausschüssen. Wie Rolf Herzog war auch er Dekan (WS 1991/92 und SS 1992) und Prodekan (WS 1989/99 bis SS 1999) der Geowissenschaftlichen Fakultät.

Ulrich Köhler trat 2002 in den Ruhestand. 15 Jahre hatte er das Institut geführt und dem Freiburger Institut in der Amerikanistik hohes Ansehen verschafft.

 

Die personelle Erweiterung des Instituts unter Ulrich Köhler: Habilitationen, apl. Professoren und Gastprofessoren

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Im Sommersemester 1989 bot Ulrich Köhler dem Afrikanisten Günter Best an, Lehrveranstaltungen in Freiburg abzuhalten. Günter Best (Professor am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster) war Assistent am Institut für Ethnologie der Universität Münster, hatte in Frankfurt Ethnologie studiert und dort 1977 promoviert. Er hatte
lange Zeit in Ostafrika, in Nord-Kenia, bei den Turkana und den Marakwet geforscht. Günter
Best hielt Seminare zum Themenschwerpunkt Afrika ab, habilitierte sich 1990 in Freiburg und wurde dann später zum apl. Professor ernannt. 15 Jahre, bis zum Wintersemester 2003/04, bot Günter Best regelmäßig Vorlesungen und Seminare mit Inhalten zur Afrikanistik, Ethno- soziologie und Wirtschaftsethnologie an.
 

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Günter Best

Von 1989 bis 2002 war María Susana Cipoletti (Professorin am Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Abteilung für Altamerikanistik, der Universität Bonn), die sich 1995 mit einer ethnohistorisch-ethnographischen Untersuchung über die Westtukano Amazoniens habilitierte, mit Themen zur Amerikanistik an der Lehre im Institut beteiligt.

Neben den apl. Professoren gehört zu jenen Mitarbeitern des Instituts, die über viele Jahre hier am Institut in der Lehre tätig waren und noch sind, an erster Stelle Andreas Volz.
Andreas Volz wirkt seit 1989 in der Lehre mit und betreut seit Einführung des B.A. als Studiengangskoordinator und B.A.-Beauftragter die Studierenden.

Andreas Volz hat Ethnologie, Neuere und Neueste Geschichte und Kunstgeschichte studiert, 1987 die Magisterprüfung mit einer Arbeit über die Bakwiri am Kamerunberg während der deutschen Kolonialherrschaft abgelegt und 1990 mit einer Dissertation über westafrikanische Agrargesellschaften in Freiburg promoviert. Seine Seminare thematisieren regional Afrika, insbesondere Westafrika, und die beiden Amerikas. In beide Regionen und auch in Südostasien hat Andreas Volz Forschungsreisen durchgeführt. Sachgebietsmäßig befasst er sich neben der Wirtschaftsethnologie, der Entdeckungs- und Kolonialgeschichte und der kulinarischen Ethnologie vor allem mit der Kunstethnologie, der traditionellen sowie zeitgenössischen Kunst.
 
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Andreas Volz
 
Zahlreiche von Andreas Volz geleitete Museumsexkursionen führten in ethnologische Sammlungen im In- und Ausland. Im Rahmen von Projektseminaren wurden mit Studierenden mehrere Ausstellungen im Uniseum Freiburg, im Museum Natur und Mensch Freiburg und zwei Präsentationen auf den Science Days in Rust durchgeführt. Er hat das sehr erfolgreiche projekt open art 2006 mit StudentInnen konzipiert und bereits über mehrere Studentengenerationen geleitet, eine virtuelle Ausstellungsplattform im Internet für zeitgenössische Kunst, auf der KünstlerInnen aus aller Welt ihre Werke präsentieren (www.project-open-art.org).
 
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Andreas Volz mit den TeilnehmerInnen des Studienprojekts Project Open Art 2006
 

 

Unter Ulrich Köhler wurde die Assistentenstelle zweimal besetzt, zunächst mit Bruno Illius und dann mit Eveline Dürr. Auch mit diesen Entscheidungen wollte Ulrich Köhler hier in Freiburg die Amerikanistik innerhalb der Bundesrepublik erkennbar stärken. Die regionale Breite im Lehrangebot wurde jedoch bewusst beibehalten mit Lothar Käser als Ozeanist, Günter Best als Afrikanist und Stefan Seitz mit Südostasien-Schwerpunkt. Zugleich wurde die regionale Breite auch durch Lehraufträge gewährleistet.

Bruno Illius (Honorarprofessor, Fachgebiet Kultur- und Sozialanthropologie, Philipps Universität Marburg) war von 1988 bis 1994 Assistent. Er kam von der Abteilung für Ethnologie der Universität Tübingen, hatte Ethnologie und Sinologie studiert, 1987 bei Thomas
 
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Bruno Illius
  (www.uni-marburg.de/fb03/ivk/vk/fachgebiet/personalia/illius )
 
Barthel promoviert und sich hier in Freiburg 1994 unter Ulrich Köhler habilitiert. Sein Forschungsbereich war Südamerika. Er hatte für seine Dissertation Feldforschungen in Peru durchgeführt und während seiner Freiburger Zeit in Venezuela geforscht.

Eveline Dürr (Professorin am Institut für Ethnologie der Ludwig-Maximilians-Universität München) folgte 1994 bis 2002 als Assistentin und Hochschuldozentin von 2002 bis 2004. Ihre Forschungsinteressen und die Schwerpunkte in ihrer Lehre lagen bei Mesoamerika und dem Südwesten der USA, bei der ethnologischen Stadtforschung, Mobilität, Naturwahrnehmung, kulturellen Identitäten. Sie studierte in Freiburg, promovierte 1990 mit einer ethnohistorischen Arbeit zu den Tzeltal und habilitierte sich 2000 bei Ulrich Köhler mit einer urbanethnologischen Untersuchung zu Albuquerque, wo sie 1997 bis 1998 Feldforschungen durchgeführt hatte. Nach ihrem Weggang von Freiburg übernahm sie zunächst eine Stelle als senior lecturer und später eine Professur in Auckland, Neuseeland, bevor sie eine Professur an der Ludwig-Maximilians-Universität erhielt. Einen Ruf an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (W3) 2009 lehnte sie ab. Über ihre Schülerinnen blieb Eveline Dürr weiterhin mit Freiburg verbunden.
 
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Eveline Dürr
 

Als Gastdozenten hatte Ulrich Köhler 1988 den Mexikanisten Norman A. McQuown (1924-2005) der Chicago University an das Institut eingeladen ebenso wie den Amerikanisten H. Dieter Heinen (Instituto Venezolano de investigationes científicas (IVIC), Caracas) aus Venezuela, der Stefan Seitz für ein Semester im Sommer 1994 vertrat und bis zum Sommersemester 1996 Vorlesungen und Seminare zur Wirtschaftsethnologie und Sozialanthropologie sowie zu indianischen Kulturen im Großraum Guayanas anbot und Feldforschungsprojekte Freiburger Institutsangehöriger betreute. Ende der 1990er Jahre hatte der Maya-Spezialist Nicolai Grube (Abteilung für Altamerikanistik im Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn) Ulrich Köhler für ein Semester in der Lehre vertreten und seine aktuellen Forschungsergebnisse den Studierenden vermittelt.

 

Judith Schlehe: Theoriengeleitete, methodengebundene Indonesienforschung seit 2002

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2002 erhielt Judith Schlehe den Ruf nach Freiburg auf den Lehrstuhl, der damals noch als "Lehrstuhl für Völkerkunde" bezeichnet wurde. Judith Schlehe hatte 1976 das Studium der Ethnologie begonnen, in Freiburg und Zürich studiert und 1982 die Magisterprüfung in Freiburg abgelegt. Sie übernahm 1985 bei Thomas Bartel eine Mitarbeiterstelle im Völkerkundlichen Institut in Tübingen. 1987 promovierte sie in Freiburg mit einer Dissertation zur Gender-Thematik und habilitierte sich hier 1997.
 
Es folgten Vertretungsprofessuren für Ethnologie an der Universität Bremen 1995-1998 und 2000 an der Universität Mainz. An der Universität Bremen bearbeitete sie bis zur Berufung nach Freiburg ein DFG-Projekt zur Gender-, Interkulturalitäts- und Globalisierungsforschung. 2002 erhielt Judith Schlehe sowohl einen Ruf auf den Lehrstuhl für Südostasienkunde (C4) an der Universität Passau als auch einen Ruf auf die Nachfolge von Ulrich Köhler nach Freiburg.

Ihr regionaler Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gesamtbereich Indonesiens, insbesondere aber auf Java, wo sie seit ihrer Studienzeit ab 1979 fast jährlich Feldforschungen durchführt. Kürzere Forschungen führten sie in die Mongolei.

Thematisch umfassen die Publikations- und Forschungsgebiete von Judith Schlehe kulturelle Globalisierung und Transkulturalität, Religionsethnologie, Genderforschung, ethnologische Katastrophenforschung, populäre Repräsentationsformen von Kultur und
 

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Judith Schlehe
 
neue Ansätze transnationaler akademischer Zusammenarbeit. Sehr viele ihrer Arbeiten orientieren sich thematisch an dem Kernthema der Beziehung zwischen dem "Eigenen" und dem "Anderen".

Wie Rolf Herzog und Ulrich Köhler so verfolgt auch Judith Schlehe die Strategie, die Lehre am Institut regional wie thematisch in größtmöglicher Breite anzubieten. Diesem Ziel entsprechen auch die Besetzungen der beiden weiteren Professuren und das durch Lehraufträge erweiterte Lehrangebot. Die Vermittlung von Arbeitsmethoden und die Auseinandersetzung mit Theorien haben starkes Gewicht erhalten.

Besondere Beachtung fand die von Judith Schlehe bereits seit 2004 bis heute sehr erfolgreich durchgeführte internationale Kooperations- und Lehrforschung mit Studierenden der Albert-Ludwigs-Universität und der Gadjah Mada Universität (UGM) in Yogyakarta, die im deutsch-indonesischen Tandem und in Teams durchgeführt wird. Es wird nicht nur in Indonesien geforscht, sondern umgekehrt auch das deutsche Alltagsleben zum Gegenstand gemeinsamer ethnologischer Forschungen von indonesischen und deutschen Studierenden gemacht.

In jährlichem Wechsel besuchen nach intensiver wissenschaftlicher und sprachlicher Vorbereitung Ethnologie-Studierende aus Freiburg Indonesien und Studierende aus Yogyakarta Deutschland. Studierende aus den beiden Ländern arbeiten stets zusammen an einem Feldforschungsprojekt (Schlehe 2006a, 2014). Sien Brüstle unterrichtet als Lehrbeauftragte Indonesisch, betreut deutsche wie indonesische TeilnehmerInnen des Tandemprojekts und richtet viele kulturelle Veranstaltungen mit in Freiburg lebenden Indonesiern aus.
 
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Ethnologische Lehrforschung in Yogyakarta 2004
 
 Diese Lehrveranstaltung fand sehr große Beachtung (s. Spiegel Online 17.11.2011). In Indonesien erschien 2006 als erstes Buch von indonesischen Ethnologinnen und Ethnologen über die deutsche Kultur eine Publikation auf Indonesisch (Schlehe/Kutanegara 2006b). Im Uniseum, dem Museum der Universität Freiburg, wurde 2005 eine Ausstellung dieser Lehrforschung gewidmet. Das Projekt wurde auf dem Wissenschaftsmarkt der Universität Freiburg der Freiburger Öffentlichkeit vorgestellt. 2008 folgte eine zweisprachige (indonesisch-englische) Buchpublikation, in der studentische Forschungsergebnisse zum Vergleich akademischer Kulturen präsentiert wurden (Schlehe/Simatupang 2008).

Mittlerweile wird die Lehrforschung als Kooperationsprojekt, gefördert vom DAAD, in studentischen Kleingruppen durchgeführt,
 
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 Ausstellung "Der doppelte Blick" über die Lehrforschung mit Studierenden der Albert-
Ludwigs-Universität und der Gadjah Mada Universität (UGM) im Uniseum 2005
 
seit 2011 auch gemeinsam mit Studierenden der Politikwissenschaft unter der Betreuung von Jürgen Rüland und seit 2014 auch mit Studierenden und Dozenten der Hasanuddin Universität in Makassar, koordiniert von Mirjam Lücking.
 
Judith Schlehe hat systematisch über die Jahre hinweg eine sehr enge Vernetzung des Instituts mit Nachbardisziplinen über die Mitwirkung an interdisziplinären Studiengängen und Forschungsprojekten angestrebt und damit das Fach eng in die neue Philosophische Fakultät eingebunden, aber ebenso auch mit ausländischen Institutionen verknüpft. Mit ihr ist das Institut an vielen Asien-bezogenen Projekten beteiligt. Es gehört zu dem die Asienforschung an der Freiburger Universität fachübergreifend fördernden Center for Transcultural Asian Studies (CETRAS).

Das Institut kooperiert zugleich in einem Netzwerk "Ethnologie und Berufspraxis" mit zahlreichen Institutionen im Freiburger Raum. Dies erleichtert den Studierenden den Zugang zu Praktikumsstellen und ermöglicht ihnen, berufsorientierte Erfahrungen in der unmittelbaren Umgebung zu machen.

In der Lehre wirken Institutsangehörige an den genannten interdisziplinären Masterstudiengängen "Global Studies Programme", "Interdisziplinäre Anthropologie" (früher Magisterstudiengang "Historische Anthropologie") und "Gender Studies" sowie am Lehrverbund Asienwissenschaften mit.

In der Forschung gehört zu den interdisziplinären Forschungsprogrammen, an denen Judith Schlehe teilhat, das von 2006 bis 2015 laufende DFG-Graduiertenkolleg "Freunde, Gönner und Getreue. Praxis und Semantik von Freundschaft und Patronage in historischer, anthropologischer und kulturvergleichender Perspektive" mit Agnes Brand, Ingo Rohrer, Kathrin Sharaf, Fiona Pfeiffer, Paritosha Kobbe als DoktorandInnen, Heike Drotbohm als assoziiertem Mitglied und Cristian Alvarado Leyton als Postdoc.

Es gehört ebenso hierzu ihre Beteiligung mit Cathrin Arenz (Bullinger), Mirjam Lücking und Stefan Seitz an dem vom BMBF geförderten von 2010 bis 2015 laufenden interdisziplinären Forschungsprogramm "Grounding Area Studies in Social Practice:
 
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Forschergruppe Southeast Asian Studies at the University of Freiburg.
Grounding Area Studies in Social Practice 2010
 
Südostasien-Forschung in Freiburg", in dem gemeinsam mit der Politikwissenschaft, Ökonomie und außereuropäischen Geschichte Regionalstudien als transkulturell orientierte Forschung ausgeführt werden.

Im Rahmen dieses Projekts war Eric James Haanstad, der von der University of Wisconsin-Madison (USA) kam, vier Jahre lang bis Wintersemester 2013/14 als Postdoktorand mit Lehrveranstaltungen zu Südostasien am Institut tätig und führte in dieser Zeit Feldforschungen in Thailand und Kambodscha durch. Seit 2014 arbeitet Mirjam Lücking am Thema "Vorstellungen der 'Arabischen Welt' in Indonesien – Wahrnehmungen und Erfahrungen von ArbeitsmigrantInnen und Pilgerreisenden" in enger Kooperation mit Judith Schlehe, die über indonesische Alumni aus Universitäten des Mittleren Ostens forscht.

Ein weiterer interdisziplinärer Forschungsverbund, an dem Judith Schlehe sowohl konzeptionell als auch mit eigener Forschung wesentlich beteiligt war, bezog sich auf das DFG-Paketprogramm "Beyond Occidentalism" mit dem Teilprojekt "Das Wissen vom Westen in Indonesien: Ethnologische Untersuchungen in urbanen und ruralen Räumen auf Java und Sulawesi" und dem indonesisch-deutschen Doktorandinnen-Tandem von Vissia Ita Yulianto und Melanie Nertz. Ebenfalls im Tandem arbeiteten Bernhard Schittich und Lhagvademchig Jadamba im von der Gerda Henkel Stiftung unterstützten Projekt "Lesarten von Modernisierung und Globalisierung. Transnationale Verflechtungen in der Revitalisierung des mongolischen Buddhismus".

Weiterhin leitet Judith Schlehe auf Japan (Michiko Uike-Bormann) und Indonesien (Evamaria Sandkühler) bezogene Forschungsprojekte in der DFG-Forschergruppe "Historische Lebenswelten in populären Wissenskulturen der Gegenwart" (2010-2015) – auch in diesem Kontext führte sie eigene Forschungen durch, und zwar zur Popularisierung von Kulturen und Religionen. Zudem ist sie gemeinsam mit Ariel Heryanto von der Australian National University für das DAAD-geförderte Projekt "Social Identities in Contemporary Indonesia" verantwortlich, in dem drei Tandems von DoktorandInnen der Ethnologie (Paritosha Kobe, Mirjam Lücking und Evamaria Sandkühler) und der Cultural Studies der ANU zusammenarbeiten.

Seit dem Wintersemester 2014/15 ist Judith Schlehe Mitglied des Freiburg Institute for Advanced Studies (FRIAS) im Rahmen des Forschungsschwerpunktes "Dynamic Alignments and Dealignments in Global Southeast Asia" und bearbeitet das Thema "Negotiating Academic Cultures: International Cooperation in the Social Sciences". Sie ist teilweise von der Lehre freigestellt. Heike Drotbohm vertrat sie im Wintersemester 2014/15 zu 50 %. Im Sommersemester 2015 übernahm Christian Alvarado Leyton die Vertretung.

Die traditionell guten Beziehungen zu Basel wurden von Judith Schlehe auch unter dem Nachfolger von Meinhard Schuster, Till Förster, weitergeführt, so in dem von Till Förster koordinierten interdisziplinären, internationalen Netzwerk im VW-Programm "Wissen für morgen – Kooperative Forschungsvorhaben im sub-saharischen Afrika": "Passages of Culture. Media and Mediations of Culture in African Societies" mit der von Judith Schlehe betreuten Dissertation von Primus Tazanu.

Entsprechend der Vielzahl der Projekte und der Einwerbung von Drittmitteln hat sich auch die Zahl der MitarbeiterInnen im Institut beachtlich erhöht.

Frühere Vertretungsprofessuren für Judith Schlehe hatten Eveline Dürr im Sommersemester 2006, Peter Bräunlein (Institut für Ethnologie, Universität Göttingen) im Wintersemester 2007/08 mit Themen zur allgemeinen Ethnologie, Religionsethnologie und visuellen Anthropologie sowie Andreas Brockmann (Institut für Ethnologie, Universität Leipzig) im Sommersemester 2011 mit Themen zu Lateinamerika und zur allgemeinen Ethnologie übernommen.

Heike Drotbohm war als Nachfolgerin von Eveline Dürr von 2004 bis 2011 wissenschaftliche Assistentin am Institut. Sie hatte von 1992 bis 1999 Ethnologie, Religionswissenschaft, Erziehungswissenschaft und Philosophie in Münster und Marburg studiert, an
 
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Heike Drotbohm
 
der Philipps-Universität Marburg den Magister abgelegt, 2002 und 2003 Feldforschungen in Haiti und der haitianischen Diaspora in Kanada durchgeführt und in Marburg 2004 mit einer Dissertation zu einem afroamerikanischen Thema promoviert. Von 2006 bis 2008 hielt sie sich zu längeren Feldforschungsaufenthalten in Kap Verde und der kapverdischen Diaspora in den USA und Portugal auf, deren Ergebnisse sie in ihrer Habilitationsschrift 2013 in Freiburg vorlegte.

Ihre thematischen Forschungsschwerpunkte liegen in einer transnationalen Ethnologie, bei afro-atlantischen Gesellschaften, afroamerikanischen Religionen, Kinder- und Jugendkulturen, bei Mobilität, Migration, Transnationalismus und der Kreolisierung.

Nach der Assistentenzeit war Heike Drotbohm von 2011 bis 2012 Fellow am geistes-wissenschaftlichen Kolleg "Arbeit und Lebenslauf aus globalgeschichtlicher Perspektive" der Humboldt-Universität Berlin. Heike Drotbohm hatte im Wintersemester
 
 
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Das Instituts-Team im WS 2007-08: Heike Drotbohm, Tobias Rees, Michiko Uike-Bormann,
Peter Bräunlein, Andreas Volz, Margarete Brüll, Stefan Seitz
 
 
2012/13 eine Vertretungsprofessur an der Universität Konstanz, im Sommer 2013 und im Wintersemester 2014/15 an der Universität Freiburg übernommen. 2013 und 2014 war Heike Drotbohm Fellow am Graduiertenkolleg "Freunde, Gönner, Getreue". Seit März 2015 ist sie Heisenberg-Stipendiatin.

Nach der Pensionierung von Stefan Seitz übernahm im Oktober 2010 Gregor Dobler diese zweite (2010 auf W3 aufgewertete) Professur am Institut. Gregor Dobler hatte 1991 bis 1996 Ethnologie, Politikwissenschaft und Volkskunde in Freiburg, Berlin und Bayreuth studiert. Von 1996 bis 2002 nahm er als Kollegiat im Graduiertenkolleg "Interkulturelle Beziehungen in Afrika" in Bayreuth teil. Er war Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Religionswissenschaft von 2000 bis 2001 und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ethnologie in Bayreuth von 2001 bis 2002. Mit einer Arbeit über den Wandel von Bedürfnissen und materieller Kultur auf der bretonischen Ile d’Ouessant promovierte Gregor Dobler 2002. Danach folgte von 2002 bis 2010 eine Assistentenzeit am Ethnologischen Seminar der Universität Basel.

Seine regionalen Forschungsschwerpunkte liegen im südlichen Afrika, wo er seit 2004 in Namibia zu Themen der Wirtschaftsethnologie und politischen Anthropologie forscht. Im Bereich der allgemeinen Ethnologie befasst er sich mit Fragen einer qualitativen, sozialwissenschaftlich orientierten Ethnologie, mit der Ethnologie des Körpers, mit Themen zur politischen Ethnologie, zur Grenzforschung, zu Staat und Staatlichkeit, mit wirtschaftsethnologischen Themen, internationalen Wirtschaftsbeziehungen und ihren lokalen Auswirkungen.

Gregor Dobler ist einer der Organisatoren des African Borderland Research Network ABORNE, das international über zweihundert Forschende zu afrikanischen Grenzregionen zusammenbringt, und war Hauptantragsteller im gleichnamigen Netzwerkprogramm, das die European Science Foundation von 2009 bis 2014 finanzierte. Er ist Vorstandsmitglied des Sonderforschungsbereiches "Muße – Konzepte, Räume, Figuren" und Mitglied des Frankreichzentrums sowie der Gemeinsamen Frankreichkommission an der Freiburger Universität.
 
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Gregor Dobler
 
Gemeinsam mit Kollegen der Geographischen Institute der Universität Basel und Fribourg leitet Gregor Dobler seit 2012 ein Projekt über die kommunale Landreform in Nambia, in dessen Rahmen die namibische Doktorandin Romie Nghitevelekwa ihre Dissertation schreibt. Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms "Adaptation and Creativity – Technologies of Signification in the Production of Order and Disorder" betreut Gregor Dobler von 2013 bis 2017 das Projekt "Constraint and Creativity on African State Boundaries", das eigene Forschungen in Namibia in einen vergleichenden Zusammenhang mit den Arbeiten von Katharina Heitz (Côte d’Ivoire/ Mali) und Olivia Klimm (Südafrika/ Zimbabwe) bringt.

Mit dem Teilprojekt "Die Performativität von Muße: Praktiken freier Zeit in zwei bäuerlichen Gesellschaften" im DFG-Sonderforschungsbereich "Muße – Konzepte, Räume, Figuren" werden von Martin Büdel und Gregor Dobler von 2013 bis 2016 in zwei bäuerlichen Gesellschaften (Westfrankreich und Nord-Nambia) Praktiken freier Zeit in ihrem Verhältnis zum jeweiligen Arbeitsalltag untersucht.

2014 gewann der von ihm verantwortete und von einem Projektteam sehr engagierter DoktorandInnen getragene Projektantrag "SocialSim – Gesellschaftssimulation als Mittel sozialwissenschaftlicher Lehre" einen Instructional Development Award der Universität Freiburg.

Während seines Forschungsfreisemesters im Sommer 2015 wird Gregor Dobler von Markus Verne (Facheinheit Ethnologie, Universität Bayreuth) vertreten.

Nach dem Ende der Assistentenzeit von Heike Drotbohm wurde 2012 die Assistentenstelle in eine Juniorprofessur umgewidmet, auf die Anna Meiser im Oktober 2012 berufen wurde. Sie hatte bereits im Wintersemester 2011/12 und Sommersemester 2012 die Vertretung der Assistentenstelle am Institut wahrgenommen.
 
Anna Meiser hatte von 2001 bis 2007 Ethnologie, Katholische Theologie und Politische Wissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, 2004 an der Jagiellonischen Universität und der Päpstlichen Akademie für Theologie in Krakau (Polen) sowie 2005 an der Humboldt State University Arcata (CA/USA) studiert. 2011 folgte die Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität mit einer Arbeit über die Logik transkultureller Prozesse bei christlichen Achuar und Shuar im oberen Amazonien, betreut von Eveline Dürr. Von 2008 bis 2012 war Anna Meiser Lehrbeauftragte am Institut für Ethnologie an der LMU München und nahm 2012 eine Gastdozentur an der Schlesischen Universität Katowice (Polen) wahr.

Regionale Forschungsfelder von Anna Meiser sind das Amazonas-Tiefland, der Andenraum sowie Polen. Die thematischen Forschungsschwerpunkte liegen bei transkulturellen Phänomenen, Indigenisierungsprozessen, der postsozialistischen Transformation in Osteuropa, indigenen Wissenssystemen sowie der Anthropology of Christianity.

Anna Meiser hat seit 2005 mehrere Feldforschungsaufenthalte in Ecuador und Peru sowie seit 2004 in Polen durchgeführt. Als Stipendiatin der Humboldt-Stiftung ist sie seit März 2015 in Lateinamerika, wo sie ein einjähriges Forschungsprojekt zur Wissensproduktion in indigenen interkulturellen Universitäten in Ecuador und Mexiko realisiert. Im Rahmen eines FRIAS-Stipendiums leitete sie im Sommersemester 2014 mit dem Rektor der indigenen Universität Pluriversidad Amawtay Wasi (Ecuador), Dr. Luis Fernando Sarango Macas, in Freiburg ein gemeinsames Projektseminar zu akademischen Kulturen. Über ihren Doktoranden, Juan Luis Camacho Cueva, bietet die Universität Freiburg seit 2014 Quechua-Sprachkurse an.
 
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Anna Meiser
In einer weiteren Forschungsstudie befasst sich Anna Meiser in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kulturwissenschaften der Katholischen Universität Lublin mit der neounierten Kirche in Polen. Darüber hinaus nimmt das Institut für Ethnologie auf ihre Initiative hin seit Oktober 2012 am Mentoringprogramm SALAM der Stadt Freiburg und der Pädagogischen Hochschule teil; die begleitende Lehrveranstaltung führt im Jahr 2014/15 Hilde Mayer, eine Master-Absolventin des Instituts, durch.
 
Anna Meiser wird im Sommersemester 2015 und im Wintersemester 2015/16 von Ingo Rohrer vertreten, der zuvor als Wissenschaftlicher Mitarbeiter (finanziert aus Mitteln des Hochschulausbauprogramms 2012) am Institut tätig war. Ingo Rohrer ist M.A.-Koordinator und bekam 2015 ein DFG-Projekt über "Unsicherheit, Angst und Misstrauen in Buenos Aires – Vertrauensbildung im Umfeld von Strafgerichtsprozessen" für drei Jahre bewilligt. Er hat Ethnologie, Politikwissenschaft und Kunstgeschichte in Freiburg studiert, 2008 den Magister mit einer Arbeit über die globalisierte Punkszene Chiles abgelegt, als Stipendiat am DFG Graduiertenkolleg 1288 "Freunde, Gönner und Getreue" 2009 und 2010 Feldforschungen in Argentinien zum Thema "Transnationale Freundschaftsnetzwerke in der Punk- und Hardcore-Szene von Buenos Aires" durchgeführt und mit diesem Thema 2012 promoviert.

Seit 2013 ist auch Mirjam Lücking wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut und zugleich Projektbearbeiterin des Forschungsprojekts "Vorstellungen von der 'Arabischen Welt' in Indonesien. Wahrnehmungen und Erfahrungen von ArbeitsmigrantInnen und Pilgerreisenden" im Rahmen der BMBFgeförderten Freiburger Südostasienforschung. Sie hatte 2010 den Bachelor of Arts in Ethnologie und Islamwissenschaften in Freiburg abgeschlossen und sich mit Muslimischen Predigerinnen in Marokko befasst.

Larissa Mogk hat Ethnologie und Geschichte studiert, den Master of Arts in Ethnologie an der Albert-Ludwigs-Universität mit einer Arbeit über den Wertewandel in Argentinien am Beispiel Solidarischer Landwirtschaft in Rosario abgelegt und war 2014 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethnologie für das Projekt SocialSIM.

Moritz Heck war von 2013 bis 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut. Er hatte 2013 den Master of Arts in Ethnologie in Freiburg erhalten mit einer Arbeit über die afrobolivianischen Bevölkerung zwischen expresiones culturales, politischem Aktivismus und multikultureller Anerkennungspolitik, basierend auf den Ergebnissen von Feldforschungen in Bolivien.

Rebecca Hoffmann, die 2007 in Freiburg ihren Magister abgeschlossen hatte, kam nach Abschluss ihrer Promotion mit einem Thema zu Klimawandel und Mobilität auf Chuuk bei Eveline Dürr in München 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin wieder nach Freiburg zurück.

Seit 2006 leitet Margarete Brüll das Sekretariat des Instituts mit dem Team von inzwischen sechs studentischen Hilfskräften. Sie promovierte 2002 als letzte Doktorandin von Professor Herzog nach einer Langzeitfeldforschung (13 Monate) in Papua-Neuguinea über die Verflechtung von Ökonomie und Religion bei den Garia in der Madang-Provinz.
 
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Margarete Brüll
 
Seit ihrem Magisterstudium ist sie außerdem eng mit dem Freiburger Museum verbunden und beteiligt sich hier bis heute an Ausstellungen und Publikationen.
Lehraufträge

Über die fünf Jahrzehnte hinweg haben alle Lehrstuhlinhaber durch die Vergabe von Lehraufträgen das Lehrangebot beachtlich erweitert. Viele der nachfolgend genannten Lehrbeauftragten haben am Freiburger Institut promoviert und bekamen somit auch die Chance, sich in der Lehre einzuüben und ihr spezielles Forschungswissen den Studierenden direkt weiterzuvermitteln. Einige haben sich über viele Jahre am Lehrbetrieb beteiligt, so Karl Ciz für fast zwanzig Jahre oder Winfried Effelsberg über acht Jahre. Etliche der ehemaligen Lehrbeauftragten sind heute an Universitätsinstituten und wissenschaftlichen Institutionen als EthnologInnen tätig. Über zwanzig ehemalige Studierende, die am Freiburger Institut ein Examen abgelegt haben, übernahmen später Professuren.

In Regionalseminaren konnten so die damit Beauftragten ihr in Feldaufenthalten gewonnenes und in kritischer Literaturanalyse aufgearbeitetes ethnographisches Wissen weitervermitteln. Damit wurde das Lehrangebot der hauptamtlich tätigen DozentInnen und der apl. Professoren zur regionalen Ethnologie bewusst auf alle Großregionen erweitert. So wurden Seminare angeboten
 
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Judith Schlehe, Heike Drotbohm und Andreas Volz mit Bachelor des Sommersemesters 2010:
Vania Ludmila Sandoval Rosales, Hilde Mayer, Jule Westerheide, Mirjam Lücking
 
(in Jahresabfolge gereiht) zu Südost-, Süd- und Zentralasien von Georg Pfeffer (em. Professor, Institut für Ethnologie der Freien Universität Berlin), Roland Platz (Kustos am Ethnologischen Museum, Staatliche Museen zu Berlin), Susanne von der Heide (UNESCO und HimalAsia Foundation) und Natalie Porter (University of New Hampshire), zu Zentral- und Vorderasien von Karl Ciz, zu Teilgebieten Afrikas von Kurt Beck (Professor, Facheinheit Ethnologie, Universität Bayreuth), Karl Ciz, Arno Splett, Thomas Ducks und Primus Tazanu, zu Lateinamerika von Berthold Riese (Professor, Universität Bonn, Institut für Altamerikanistik und Ethnologie), Gabriele Grodd-Safai, Harald Moßbrucker, Iris Gareis (apl. Professorin, Institut für Ethnologie der Universität Frankfurt), Ingo Rohrer, Rosa Lehmann sowie zu Teilgebieten Ozeaniens von Andrea Bender (Professorin, General
 
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Magisterabschluss im Wintersemester 2008-09
 Marie Perron, Gina Vega Yepes,  Melanie Hackenfort,
Hannah Kempe, Jens Königer
 
Psychology, University of Bergen, Norwegen), Gabriele Schäfer (Robinson) (Professorin, Hochschule Bremen), Peter Hanser, Markus Schindlbeck (Kustos, Referat Südsee und Australien am Ethnologischen Museum Berlin) und Agnes Brandt (Parlamentarische Referentin im Europäischen Parlament, Brüssel).

Mit den Lehraufträgen wurden auch spezielle Themenfelder angesprochen, die eine explizit interdisziplinäre Ausrichtung hatten, für die die betreffenden Lehrbeauftragten das entsprechende Fachwissen mitbrachten. So wurden Seminare angeboten zur Ethnomedizin, Ethnopharmazie und Ethnopsychoanalyse von Winfried Effelsberg (Professor an der Katholischen Hochschule Freiburg), Florence Weiss (Ethnologischen Seminar der Universität Basel), Michael Heinrich (Professor an der UCL London School of Pharmacy) und Piet van Eeuwijk (Ethnologisches Seminar der Universität Basel).

Zur visuellen Anthropologie brachten Heinrich Johannes Rühl (Hochschule Luzern - Musik), Klaus Fuhrmann, Hans-Peter Hagmann und Hannes Bürkl ihre persönliche Kompetenz auf diesem Terrain in die Lehre ein.

Themen zu Teilbereichen der allgemeinen Ethnologie deckten Seminare zur Gender-Thematik von Judith Schlehe, Rita Schäfer und Rosaly Magg, zur Rechtsethnologie von Peter Hanser sowie zur Biographieforschung von Kirsten W. Endres (PD an der Uni Halle, Max Planck Institut für ethnologische Forschung, Halle), zur Religionsethnologie von Ulrich Oberdiek (Privatdozent, Institut für Ethnologie, Universität Heidelberg), Evelin Haase (Abteilung Ethnologie, Städtisches Museum Braunschweig) und Ingo Rohrer, zur Entwicklungsethnologie Frank Bliss (Professor, Institut für Ethnologie, Universität Hamburg), Arno Splett, Ingrid Wiederschwinger, Rita Schäfer und zur Ethnosoziologie von Peter Hanser, Karl Ciz und Gabriele Herzog-Schröder (Professorin am Institut für Ethnologie, Ludwig-Maximilians-Universität München) ab.

Methodenlehre und Fachgeschichte haben Alex Diederich, Corinna Erckenbrecht (Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Staatliche Ethnographische Sammlungen Sachsen), Moritz Heck, Ingo Roher, Mirjam Lücking und Melanie v. Nertz in ihren Seminaren behandelt.

Ausgewählte Themen zu Ökonomie und Ökologie indigener Gesellschaften wurden von Karl Ciz, Maike Kleihauer, Christian Gönner (GIZ) und Moritz Heck angeboten.

Lehrbeiträge zur Identitätsfrage sowie zur Globalisierung haben Raschid Kadro, Maike Kleihauer, Bernhard Krusche, Karl Ciz, Michaela Haug (Institut für Ethnologie, Universität zu Köln), Bernhard Schittich, Viola Bizard, Kathrin Sharaf, Hildegard Mayer, Carsten Stark und Larissa Mogk erbracht.

Alle haben dazu beigetragen, dass über die fünf Jahrzehnte hinweg mit einem vielfältigen Lehrangebot zu globalen Themen und zu speziellen Themen Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und Ozeaniens fast alle Interessengebiete der Ethnologie in Freiburg angeboten und den Studierenden methodische, theoretische und praxisrelevante Kompetenzen vermittelt werden konnten.

Ein Abschluss im Magisterstudiengang Ethnologie war noch bis zum Sommersemester 2014 möglich, sofern die Anmeldung bis 2006 erfolgt war. Das Freiburger Institut gehörte zu jenen Instituten, die die kürzesten Studienzeiten für Magisterkandidaten in der Bundesrepublik aufgewiesen haben. Dabei entsprach die Zahl der Magisterexamen über viele Jahre hinweg in etwa auch der Zahl der Studierenden, die das Studium der Ethnologie in Freiburg aufgenommen haben.

Bachelor of Arts Ethnologie und Master of Arts Ethnologie haben den Magisterstudiengang abgelöst. Es ist gelungen, auch in diesen neuen Studiengängen ein spezifisches Profil zu entwickeln, welches es den Studierenden ermöglicht, neben einer strukturierten Ausbildung bereits zu einem frühen Zeitpunkt eigene Übungsforschungsprojekte zu entwickeln und praktische Auslandserfahrungen zu sammeln. Intensiv und persönlich betreut von Lehrenden und MentorInnen widmen die BA-Studierenden ihr gesamtes fünftes Semester ihren individuellen Studienprojekten. Die MA-Studierenden werden ebenfalls darin unterstützt, studienbegleitend und in der vorlesungsfreien Zeit forschungs- und berufsorientierten Praxisbezug zu entwickeln.

Zur Ausbildung der Studierenden für eine Tätigkeit im Museum oder zu einem kritischen Umgang mit Repräsentationspraxen gehören von Anbeginn bis heute die alljährlich im In- und Ausland durchgeführten Museumsexkursionen. Diese in der Regel einwöchigen Exkursionen fördern zugleich auch die Kontakte unter den Studierenden und zwischen den Studierenden und Dozenten und trugen somit immer zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre im Institut bei.

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                  Museumsexkursion nach Paris 2006                    Museumsexkursion nach München
                                                                                                       2009
 
 
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 Museumsexkursion nach Tervuren 2007
 

 

Institut und Museum in gemeinsamer Lehre und Praxis

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Von Anbeginn an war die Kooperation zwischen Institut und Museum über die fünf Jahrzehnte hinweg bis heute stets von sehr guten, persönlichen Beziehungen getragen. Alle die Sammlung leitenden KollegInnen, Bodo Spranz, Eva Gerhards und Tina Brüderlin, boten und bieten regelmäßig Lehrveranstaltungen zur Museumsethnologie und materiellen Kultur im Institut und am Museum an. Neben diesen Seminaren wurden solche Lehrveranstaltungen auch von Armgard Goo-Grauer, Christiane Kron-Steinhardt, Michael Schönhuth (Professor, Fachbereich IV - Ethnologie, Universität Trier) und Ingo Rohrer als Lehrbeauftragte (bzw. im Falle von Ingo Rohrer als Mitarbeiter) des Instituts abgehalten.

Bodo Spranz hatte das Museum von 1962 bis 1984 geleitet. Ihm folgte Eva Gerhards als Leiterin bis 2012. Eva Gerhards hatte Ethnologie und Kunstgeschichte in München studiert und
 

 

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Eva Gerhards
 
war von 1980 bis 1984 am Staatlichen Museum für Völkerkunde München (heute "Museum Fünf Kontinente") tätig, bevor sie 1985 die Leitung des damaligen Freiburger Völkerkunde-museums übernahm. Nach der Zusammenlegung der Fachbereiche Natur- und Völkerkunde 1996 wurde ihr die Gesamtleitung des Adelhausermuseums übertragen. Eva Gerhards hat in dieser Zeit zahlreiche Sonderausstellungen organisiert und Studierenden der Ethnologie die Chance gegeben, mitzuarbeiten oder selbst Ausstellungen zu kuratieren.
   
Die Leitung der Ethnologischen Sammlung hat heute Tina Aniette Brüderlin. Tina Brüderlin hat Ethnologie, Amerikanistik und Kulturgeographie in Mainz und in den USA studiert, wo sie im American Museum of Natural History in New York City in der Afrika- und Nordamerika-Abteilung tätig war. Danach beteiligte sie sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Freien Universität Berlin an einem Forschungsprojekt, das sich mit Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin befasste. Sie hat in Südäthiopien und in Britisch-Kolumbien (Kanada) sowie in Alaska Feldforschungen durchgeführt.
 
 
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Tina Aniette Brüderlin
 
Heike Gerlach, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Museumstechnikerin in der Abteilung Ethnologie zuständig ist, und Edgar Dürrenberger, der heute als Leiter des Depots der Stadt Freiburg auch die Sammlung Ethnologie betreut, hatten bereits während ihres Studiums am Freiburger Institut im Museum gearbeitet und sind seit ihrem Studienabschluss viele Jahre am Museum tätig.

Das Freiburger Museum besitzt ethnographische Objekte, die der Universität und damit dem Institut gehören. In den 1860er Jahren waren hier in Freiburg gleich zwei völkerkundliche Sammlungen entstanden, neben einer "Städtischen Alterthümersammlung" (1861) auch eine universitätseigene Sammlung mit ethnographischen Gegenständen. Aus der "Städtischen Alterthümersammlung" wurde 1895 eine Abteilung "Natur- und Völkerkunde" abgetrennt und diese dann 1904 mit der Universitätssammlung vereint. Die Universität überließ durch die Vermittlung von Ernst Grosse ihre ethnographische Sammlung als Dauerleihgabe der Städtischen Sammlung (Herzog 1995).

Eine große Ausstellung wurde, wie schon erwähnt, von einer Gruppe von StudentInnen 1984 gemeinsam mit dem Museum unter der Leitung von Otto Turza in der Universitätsbibliothek zum Thema "Boote, Technik und Symbolik" ausgerichtet (Spranz 1984). 

Zahlreiche Ausstellungen hat Margarete Brüll seit Ende der 1980er Jahre konzipiert und aufgebaut, so neben anderen "Der Kongress der Löffel" (1989), "Zivilisation" (1997), "Rindenbaststoffe in aller Welt" (2006), "Die Maori Neuseelands/Aotearoas" (2006), "'Spuren der Regenbogenschlange' – Landschaft und Natur in der Kunst der Aborigines Australiens" (2007). Ebenso wirkte sie bei der Neukonzeption und dem Aufbau der Schausammlungen Australien, Altägypten, Melanesien sowie Mikronesien und Polynesien mit.

Heike Gerlach hat neben anderen Ausstellungen jene über die Yanomami (1987, 1991), über Spielzeuge (1990), Vogeldarstellungen (1990), Tiere bei Indianern und Eskimo (2007), Fotographien von Otto Honigmann (2011) sowie über Schlangen (2012) organisiert. Edgar Dürrenberger leitete das mehrteilige Projekt „Begegnung mit dem Fremden“ und konzipierte die Sonderausstellungen Namaland und Kalahari (2002) sowie über Tiere bei Indianern und Eskimo (2007). Er war Projektleiter der großen Ausstellung "Tschernobyl. Expeditionen in ein verlorenes Land" 2011 im Augustinermuseum.
Beide haben mit Margarete Brüll, Armgard Goo-Grauer, Pamela May, Roland Platz und Lola al-Hamui Heidel 1995 die Ausstellung "100 Jahre Museum für Völkerkunde Freiburg" unter der Leitung von Eva Gerhards ausgerichtet. Armgard Goo-Grauer hat Ausstellungen über Keramik (1994), japanische Stoffe (2000) sowie über japanische Fotokunst (2000) aufgebaut.

Auf eigenen Ideen und eigenständiger Ausführung beruhten die Ausstellungen (z.T.  mit begleitenden Publikationen) über die Garnbilder der Huichol-Indianer Mexikos (1985) von Thomas Benno Bollhardt (2008 verstorben), über die Kultur der Traumzeit von Margarete Brüll, verschiedene Ausstellungskonzeptionen zu Themen Westafrikas von Michael Schönhuth (1987, 1988), über Malerei aus Nepal von Susanne von der Heide (1988), über Religionen im Himalaya von Ulrich Oberdiek (1988), über Java, Australien, Japan und zu allgemeinen Themen von Roland Platz (1990 bis 1996), über Afghanistan (1994) von Karin Knauer (verstorben 2009) und zehn Jahre später von Christine Nicolai (Mones) (2004), über die Asafo-Fahnen von Doris Kubisch (1999, 2000), über die Aborigines von Christine Keller (2000) und zu nordamerikanischen Indianern von Harry Schüler (1999 bis 2008). Unter der Projektleitung von Petra Blum und der Mitwirkung von Viktoria Balon, Margarete Brüll, Gisela Sigrist, Heike Gerlach, Edgar Dürrenberger sowie Susanne Faller entstand 2005 die mehrteilige Ausstellung zur Anthropologie der Ernährung mit dem Titel "Körner, Kult und Küche".

Weitere Ausstellungen, an denen Studierende mitwirkten, sind jene über die Sepikregion von Papua-Neuguinea von Ingrid Wickersheimer und Petra Rohde, über die Naga von Andrea Lauser (1987), über Hexen von Peter Bräunlein (1988), über die "Kultur der Traumzeit" von Margarete Brüll, Corinna Erckenbrecht und Brigitte Ranft (1990), über Schattenspielfiguren (1986) und über Kunst aus Nagaland (1987) von Andrea Lauser und Peter Bräunlein, über die Yanomami von Heike Gerlach und Christel Opeker (1987) sowie Ausstellungen von Christel Opeker in den Jahren 1987 bis 1992, über den ägyptischen Mumiensarg von Anna Kreuzer
 
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Ausstellung "Boote, Technik und Symbolik" in der UB 1984
 
 (1990), über Themen zur Afrikanistik (1997 bis 2000) und über Tibet (1998, 1999) von Franziska Thomas, über Peru (1992) sowie die Yanomami (1991) und Java (1994) von Hildis Striegel oder etwa die Mitarbeit von Swetlana Boltovskaja an der großen Tschernobyl-Ausstellung 2011 und an dem zugehörigen Begleitband .


Schluss


Das Institut für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat sich von den kleinen Anfängen eines sogenannten "Orchideenfaches" im Jahr 1965 über die fünf Jahrzehnte hinweg unter der Ägide von Rolf Herzog, Ulrich Köhler und Judith Schlehe in der akademischen Lehre und ethnologischen Forschung kontinuierlich zu einer anerkannten, zukunftsorientierten Institution entwickelt. Von Anbeginn waren Lehre und Forschung im Freiburger Institut sowohl an einer gegenwarts- und praxisorientierten als auch an einer die kulturhistorischen Prozesse interpretierenden Ethnologie orientiert. Der in der Tradition der Disziplin in den Anfangsjahren auf außereuropäische Kulturen und auf indigene Gesellschaften gerichtete Fokus der Forschung hat sich auf Globalisierungsthemen, transnationale Studien, Migrations- und Diasporaforschung ausgeweitet. Parallel hierzu erfolgte in der Lehre eine Forcierung der Theoriendiskussion und Methodenpraxis. Mit einer Vielzahl von Forschungsprojekten ist das Institut heute in interdisziplinäre Kooperationen eingebunden und inneruniversitär wie international bestens vernetzt. So lässt sich an Forschung und Lehre am Freiburger Institut auch die Entwicklung unseres Faches über fünf Jahrzehnte anschaulich nachvollziehen.


Die Jubiläumsfeier zum fünfzigjährigen Bestehen des Instituts für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, 1965-2015, am 12. Juni 2015
 
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Judith Schlehe bei der Eröffnung der Jubiläumsfeier, mit den ehemaligen Studierenden des Instituts Stefan Seitz (Uni Frbg),
Ute Luig (FU Berlin), Georg Pfeffer (FU Berlin), Eveline Dürr (LMU München)
 
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Jürgen Rüland und der Dekan der Philosophischen Fakultät,
Hans-Helmuth Gander, rechts Brigitta Herzog

 
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         Anna Meiser, Gregor Dobler, Judith Schlehe
 
 
Literatur:

Beck, Kurt 2007: Rolf Herzog (14.5.1919-24.6.2006), Paideuma Bd. 53, S. 319-324.

Best, Günter 1997: Lehr- und Forschungstätigkeit von Ulrich Köhler in Münster. In: Eveline Dürr u. Stefan Seitz (Hg.): Religionsethnologische Beiträge zur Amerikanistik. Ethnologische Studien, Bd.31. Münster: Lit. S. 7-9.

Bröckling, Ulrich (Hg.) 2014: Fünfzig Jahre Institut für Soziologie Freiburg 1964-2014, Ulrich Bröckling (Hg.) zusammen mit Magdalena Ciepluch, Gabriel Hugoniot, Johanna Kunz, Felix Metzger, Nikola Roth, Corina Sutter, Leon Wolff u. Inga Weiss, Freiburg: Jos Fritz.

Dürr, Eveline u. Stefan Seitz (Hg.) 1997: Religionsethnologische Beiträge zur Amerikanistik. Ulrich Köhler zum 60. Geburtstag. Reihe: Ethnologische Studien, Bd. 31, Münster: Lit.

Haller, Dieter: Interview mit Ulrich Köhler am 31.10.2008. Interviews with German Anthropologists. http://www.germananthropology.com/cms/media/uploads/4e53c293de154/interview_4ed76330ae3bc.pdf

Herzog, Rolf 1976: Index der Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 1-99, Braunschweig: Limbach.

Herzog, Rolf 1982: Die ersten zwanzig Jahre der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde 1929-1949. In: DGV-Mitteilungen, Nr. 11, Freiburg.

Herzog, Rolf 1984: Bodo Spranz zum 65. Geburtstag. Bodo Spranz Festschrift, Tribus Bd. 33, S. 61-63.

Herzog, Rolf 1989: Grosse, Ernst. In: Walther Killy (Hg.) 1989: Literatur Lexikon, Vol. 4, Gütersloh.

Herzog, Rolf 1995: Die ethnographische Sammlung der Universität. In: Stadt Freiburg i. Br. Museum für Völkerkunde (Hg.): Als Freiburg die Welt entdeckte. 100 Jahre Museum für Völkerkunde. Freiburg.

Herzog, Rolf: Liste seiner Publikationen:
https://www.ethno.uni-freiburg.de/mitarbeiter/weitere/herzoglit

Käser, Lothar 2011: Doppelte Welten. Vierzig Jahre ethnologisch-linguistische Forschungen in Mikronesien. Freiburg: Verlag Wissenschaft & Öffentlichkeit. Kleine Schriftenreihe Vol. 11. Freiburger Institut für Paläowissenschaftliche Studien.

Köhler, Ulrich 1995: Prof. Dr. Bodo Spranz, Museumsleiter und Mexikanist. In: Stadt Freiburg i. Br. Museum für Völkerkunde (Hg.): Als Freiburg die Welt entdeckte. 100 Jahre Museum für Völkerkunde. Freiburg.

Köhler, Ulrich (Hg.) 1997: Santa Catarina Pantelhó. Ein Dorf von Indianern und Ladinos in Chiapas, Mexiko. Ansätze zu einer Ethnographie. In: Ethnologische Studien, Bd. 30. Münster: Lit.

Köhler, Ulrich (Hg.) 2005: Nueva Maravilla. Eine junge Siedlung im Kontext massiver indianischer Migration nach San Cristóbal de las Casas, Chiapas, Mexiko. In: Ethnologische Studien, Bd. 37. Münster: Lit.

Köhler, Ulrich: Liste seiner Publikationen:
https://www.ethno.uni-freiburg.de/mitarbeiter/weitere/koehlerlit

Kraus, Michael (Hg.): Theodor Koch-Grünberg. Die Xingu-Expedition (1898-1900). Ein Forschungstagebuch. Köln/Weimar: Böhlau.

May, Pamela 1977: Der Freiburger Völkerkundler Ernst Grosse 1862-1927. Magisterarbeit. Freiburg.

Model, Anselm 2005: Ernst Grosse. Badische Biographien. N. F, Bd. 5, S. 107-110.

Riese, Berthold 2009: Bodo Spranz (1. Januar 1920 bis 1. September 2007). In: Tribus Bd. 58, S. 67-81.

Schlehe, Judith 2006a: Transnationale Wissensproduktion: Deutsch-indonesische Tandem-forschung. In: Boike Rehbein, Jürgen Rüland u. Judith Schlehe (Hg.): Identitätspolitik und Interkulturalität in Asien. Ein multidisziplinäres Mosaik. Münster: Lit.

Schlehe, Judith u. Pande Made Kutanegara (Hg.) 2006b: Budaya Barat dalam Kaca Mata Timur. Pengalaman dan Hasil Penelitian Antropologis di sebuah kota di Jerman. [Westliche Kultur aus östlicher Perspektive. Erfahrungen und Ergebnisse ethnologischer Forschungen in einer deutschen Stadt]. Yogyakarta: Pustaka Pelajar.

Schlehe, Judith u. G. R. Lono Lastoro Simatupang (Hg.) 2008: Towards Global Education? Indonesian and German Academic Cultures Compared. Menuju Pendidikan Global? Membandingkan budaya akademik Indonesia dan Jerman. Yogyakarta: Kanisius.

Schlehe, Judith u. Andreas Volz (Hg.) 2010: Spurensuche. Eine kulinarisch-ethnologische Forschungs- und Reisebiographie. (Festgabe für Prof. Dr. Stefan Seitz zum 65. Geburtstag). Freiburger Ethnologische Arbeitspapiere 15.

Schlehe, Judith 2013: Wechselseitige Übersetzungen: Methodologische Neuerungen in transkulturellen Forschungskooperationen. In: Thomas Bierschenk, Mathias Krings u. Carola Lentz (Hg.): Ethnologie im 21. Jahrhundert. Berlin: Reimer. S. 97-110.

Schlehe, Judith and Sita Hidayah 2014: Transcultural Ethnography: Reciprocity in Indonesian-German Tandem Research. In: Mikko Huotari, Jürgen Rüland u.Judith Schlehe (Hg.): Methodology and Research Practice in Southeast Asian Studies. Houndmills: Palgrave Macmillan. S. 253-272.

Schlehe, Judith: Publikationsliste:
https://www.ethno.uni-freiburg.de/mitarbeiter/prof/schlehe#pub

Schwengel, Hermann 2014: Die Transnationalisierung einer universalistischen Disziplin. In: U. Bröckling u. a. (Hg.): Fünfzig Jahre Institut für Soziologie Freiburg 1964-2014. Freiburg: Jos Fritz. S. 65-79.

Seitz, Stefan 1984: Rolf Herzog zum 65. Geburtstag. In: Paideuma Bd. 30, S.1-8.

Seitz, Stefan 1997: Lehr- und Forschungstätigkeit von Ulrich Köhler in Freiburg. In: E. Dürr u. S. Seitz (Hg.) 1997: Religionsethnologische Beiträge zur Amerikanistik. Ethnologische Studien, Bd. 31. Münster: Lit. S. 3-6.

Seitz, Stefan 2006: Rolf Herzog 1919-2006. In: Zeitschrift für Ethnologie, Bd. 131, S. 167-169.

Seitz, Stefan 2006: Rolf Herzog zum Gedenken. In: Freiburger Universitätsblätter, Bd. 173 (3), S. 138.

Seitz, Stefan 2007: Das Institut für Völkerkunde. In: Bernd Martin (Hg.) 2007: 550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Institute und Seminare seit 1945. Band 5. Freiburg, München: Alber. S. 341-343.

Seitz, Stefan 2010: Überlebenskampf oder dynamische Daseinsbewältigung? Vierzig Jahre Wildbeuterforschung. Freiburg: Verl. Wissenschaft & Öffentlichkeit. Kleine Schriftenreihe Vol. 10. Freiburger Institut für Paläowissenschaftliche Studien.

Spranz, Bodo (Hg.) 1984: Boote, Technik und Symbolik: Schiffahrt in außereuropäischen Kulturen. Katalog zur Ausstellung. Museum für Völkerkunde d. Stadt Freiburg i. Br.; Inst. für Völkerkunde, Freiburg. Gesamtleitung: Otto Turza. Städt. Museen, Freiburg i. Br. Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde 5/6.

Stadelbauer, Jörg 2014: Regionale Verankerung und globale Offenheit. Zur Geschichte des Faches Geographie an der Universität Freiburg i. Br. Freiburg/München 2014. Freiburger Beiträge zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte.
  
 

 Kurzfassung Geschichte des Instituts

 
Die Fachrichtung Völkerkunde resp. Ethnologie war zunächst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts (1894) mit Ernst Grosse (1862-1927), einem ausgewiesenen Kenner ostasiatischer Kulturen, und für kurze Zeit (1910 bis 1915) mit dem Südamerika-Forscher Theodor Koch-Grünberg (1872-1924) bis 1927 an der Universität Freiburg vertreten. 1964 wurde mit der Berufung von Rolf Herzog (1919-2006) das Fach wieder eingerichtet. Prof. Herzog begann im Januar 1965 mit dem Aufbau des Instituts für Völkerkunde.

Das Institut erhielt zunächst Räume im Peterhof der Universität und wechselte noch 1965 in die Universitätsstraße 9. 1972 wurde das Institut für Völkerkunde mit den beiden Geographischen Instituten im Wertmannhaus, Werderring 4, untergebracht. Geographie und Völkerkunde erhielten eine gemeinsame Fachbereichsbibliothek, die bis heute den Literaturbestand des Instituts betreut. Nach dem Großbrand im Wertmannhaus wurde 1975 das Institut in das Haus Werderring 10 verlegt, wo es sich derzeit befindet.

Bei der Einrichtung des Instituts 1965 ordnete man das Fach der Philosophischen Fakultät zu. 1969, nach der Neuordnung der Fakultäten, wurde die Ethnologie Mitglied der Geowissenschaftlichen Fakultät. Seit deren Auflösung im Jahr 2002 gehört das Institut für Völkerkunde der neu geschaffenen Philosophischen Fakultät an.
Das Fach wird vom/von der LehrstuhlinhaberIn, einer weiteren Professur (seit 1980) und einer Assistenz vertreten. Die Zahl der Studierenden wuchs von anfangs 20 auf knapp 300 im Wintersemester 2005/06.

Wissenschaftliches Profil

In den 1990er Jahren war das Institut mit beiden Professoren am DFG-Graduiertenkolleg „Sozio-Ökonomie der Waldnutzung in den Tropen und Subtropen“ beteiligt. Seit 2005 partizipiert das Institut mit Frau Professor Schlehe am DFG-Graduiertenkollegs „Freunde, Gönner, Getreue: Praxis und Semantik von Freundschaft und Patronage in historischer, anthropologischer und kulturvergleichender Perspektive“.

Entsprechend der Interessensausrichtung des jeweiligen Lehrstuhlinhabers ergab sich eine regionale Schwerpunktsetzung in der Forschung, die unter Rolf Herzog die Afrikanistik, insbesondere Nord- und Nordostafrika, unter Ulrich Köhler die Amerikanistik, insbesondere Mexiko, und unter Judith Schlehe die Südostasienforschung mit Konzentration auf Indonesien, stärkte. Teilgebiete Afrikas und Südostasiens wurden von Stefan Seitz vertreten.

 

 

Entwicklung der Lehre

In der Lehre beteiligt sich das Institut aktiv an verschiedenen interdisziplinären Studiengängen der Universität Freiburg, dem internationalen M. A. Studiengang Global Studies, dem Magisterstudiengang Gender Studies sowie dem Studiengang Historische Anthropologie. Das Institut ist zugleich Teil des Lehrverbundes Asienwissenschaften. Mit den ethnologischen Instituten in Basel und Strasbourg (EUCOR) wurden gemeinsame Wochenendseminare zu Themenschwerpunkten organisiert.


Ethnologische Exkursionen und Kurzzeit-Feldaufenthalte mit Studierenden führten nach Südostasien und Mexiko. Zum Lehrangebot gehören heute regelmäßig angebotene Lehrforschungen in Indonesien, die gemeinsam mit EthnologiestudentInnen der Gadjah Mada Universität in Yogyakarta durchgeführt werden. Die inhaltlichen Resultate der im Jahre 2004 durchgeführte Unternehmung wurden in der Ausstellung "Der doppelte Blick. Ethnologische Forschungen deutscher und indonesischer Studierender auf Java" im Uniseum Freiburg vorgestellt. Im Rahmen der Vorbereitung werden regelmäßig Sprachkurse in Indonesisch angeboten.

Über das Sokrates-Programm findet ein intensiver Austausch von Studierenden mit der Universität in Sevilla, Spanien, aber auch mit der Université des Antilles et de la Guyane (UAG) statt. Hochschulkooperation verbinden das Institut mit der Gadjah Mada Universität in Yogyakarta, Indonesien, der Xavier University, Cagayan de Oro, Philippinen, und der School of Social Sciences der Auckland University of Technology, Neuseeland.

Ausblick auf zukünftige Entwicklung


Die zukünftige Ausrichtung der Instituts unter der Führung von Prof. Dr. Judith Schlehe verfolgt in der Arbeitsweise eine gegenwartsorientierte Ethnologie in Forschung und Lehre, deren Methoden und Betrachtungsweisen in einem globalen Feld und in interdisziplinärer Zusammenarbeit in Theorie und Praxis ihren Beitrag zu leisten suchen und deren regionale Ausrichtung sich neben der Vermittlung von globalem Wissen um eine Stärkung der Asienforschung an der Universität Freiburg bemüht.
 

Inhaber des Lehrstuhls waren von 1964 bis 1987 Prof. em. Dr. Rolf Herzog und von 1987 bis 2002 Prof. Dr. Ulrich Köhler. Beide Fachvertreter waren Hauptgutachter der DFG, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde und Dekane der Geowissenschaftlichen Fakultät. 1983 richtete das Institut für Völkerkunde die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde in Freiburg aus. Seit 2002 wird das Institut von Prof. Dr. Judith Schlehe geleitet. Als weiterer Professor vertrat Prof. Dr. Stefan Seitz seit 1980 das Fach. Seit 2010 wird die zweite Professur von Prof. Dr. Gregor Dobler besetzt. Über Jahrzehnte wurde die Lehre auch von den apl. Professoren Bodo Spranz, Otakar Nahodil, Lothar Käser und Günter Best mitgetragen.

 

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